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Wohnen in der Salzburger Altstadt: Hausbesitzer setzen auf Mietwohnungen

In der Judengasse setzt eine deutsche Unternehmerfamilie auf Mietwohnungen. Dabei geht diese mit dem Denkmalschutz gemeinsame Wege.

Der Ausblick auf das gegenüberliegende Salzachufer.
Der Ausblick auf das gegenüberliegende Salzachufer.

Die Körbe mit dem Frühstücksgebäck sind am Nachmittag noch prall gefüllt. Die Pizzeria neben der Bäckerei am Mozartplatz wird schon von Touristen bevölkert. Politische Wortspenden gehen seit Jahren parteiübergreifend in eine Richtung: "Es braucht endlich wieder mehr Menschen, die in der Altstadt wohnen und leben." Dadurch soll auch der Branchenmix wieder Einzug halten und Souvenirläden zurückgedrängt werden.

Der Blick auf die Bevölkerungszahlen der Stadt Salzburg zeigt: 3195 Hauptwohnsitze sind auf der linken Altstadtseite verzeichnet. Die Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner ist auch im vergangenen Jahrzehnt weiter rückläufig.

In der Judengasse Nummer 11 dominiert die Großbaustelle. Tonnen werden bewegt. Nichts davon bekommt man im frequentierten Weihnachtsshop an der Sockelzone und im Friseursalon im ersten Obergeschoß mit. Die Begehung der Baustelle gleicht dennoch einem Labyrinth. Wenige Stufen führen in das Untergeschoß und plötzlich öffnet sich eine Tür hin zum Rudolfskai. Der Vertrag mit einem Nachtlokal ist schon längst Geschichte - "eine bewusste Entscheidung", wie später erzählt werden wird.


Unternehmerfamilie aus dem Chiemgau kaufte das Haus 2016

Eine Unternehmerfamilie aus dem Chiemgau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, kaufte das Haus 2016 und möchte Spuren in der Salzburger Altstadt hinterlassen. In die Räume mit dem alten Gewölbe, die zum Rudolfskai ausgerichtet sind, soll wieder Gastronomie einziehen - und im Idealfall ein Schanigarten entstehen: "Mir schwebt ein Café oder eine kleine Osteria vor - jedenfalls etwas, das zu Salzburg passt und den Rudolfskai auch verändert", sagt Curt Wiebel, er leitet die Immobiliensparte der Unternehmerfamilie. Und: Er spielt Violine, pendelte einst immer freitags aus Bayern nach Salzburg zum Unterricht und habe deshalb eine besondere Beziehung zur Stadt und zu Mozart, wie er betont - aber das ist eine andere Geschichte.

Curt Wiebel verantwortet die Sanierungen in der Judengasse.
Curt Wiebel verantwortet die Sanierungen in der Judengasse.

Neben einem Lokal im Erdgeschoß und den bereits etablierten Betrieben soll in der Judengasse Nummer 11 nämlich Wohnraum entstehen. "Konkret geht es um acht Mietwohnungen", führt Wiebel aus. Die Größe dieser liegt zwischen 40 und 100 Quadratmetern. Historische Böden, Stuck, hohe und große Räume zeichnen die Wohnungen aus. Die Ursprünge des Hauses werden im 13. Jahrhundert verortet. Am First der Fassade ist das Datum 1428 aufgemalt. Eine niedrige einstellige Millionensumme investiert die Unternehmerfamilie in die Sanierung des Hauses.

"Es ist für uns selbstverständlich, dass in der Altstadt Leben ermöglicht wird", sagt Wiebel. Schließlich lebe eine Immobilie auch nur, wenn sie vollständig genutzt werde. Bei historischen Häusern erfordere das aber eine Grundvoraussetzung: "Der Eigentümer muss zum Haus stehen." Zudem erleichtere es das Agieren, wenn das Haus im Besitz einer Partei ist und nicht wie bei Eigentumswohnungen aufgeteilt werde.

Projektleiter: "Es geht um Werterhalt und Bestandssicherung"

Wiebel verwaltet 35 Objekte für die Unternehmerfamilie und hat Erfahrung mit historischen Häusern in München und Rosenheim. Um Immobilienspekulation gehe es ihm nicht. "Es geht um Werterhalt und Bestandssicherung." Dafür hat man sich in der Judengasse auch zu einem ungewöhnlichen Schritt entschieden. "Als wir das Objekt gekauft haben, stand nur die Fassade unter Denkmalschutz, während der Projektphase haben wir dann aber das gesamte Haus unter Schutz stellen lassen."

Landeskonservatorin Eva Hody begleitete den Prozess und betont: "Bei den bauhistorischen Untersuchungen hat man gesehen, welche Bedeutung das Gebäude hat." Es handle sich um eine spätgotische Substanz. Zudem gebe es einen der schönsten Dachstühle der Altstadt, sagt Hody. Das Denkmalamt begrüße es, "wenn die Häuser in der üblichen Form genutzt werden".

Grabendachstuhl wurde in der Judengasse verbaut

Wiebel führt zu diesem Grabendachstuhl. "Wir wollten diesen eigentlich einmal ausbauen, haben das aber schnell verworfen." Statisch ertüchtigt müsse dieser dennoch werden. "Er sinkt sonst ab", sagt Wiebel. Denkmalschutz, das Altstadterhaltungsgesetz und Wohnraumschaffung seien kein Widerspruch, betont Wiebel. "Es ist uns auch gelungen, dass ein Lift ins Haus eingebaut werden konnte." Herausfordernd sei freilich die Baustelle in der Altstadt und vor allem die Findung von geeigneten Handwerkern. "Es braucht die richtigen Leute, die an so ein Projekt herangehen - vieles hängt auch am Architekten", sagt Wiebel. Zudem brauche es den Dialog mit dem Bundesdenkmalamt und den Behörden der Stadt, um Lösungen gemeinsam zu erarbeiten. "So konnten auch zusätzliche Glasflächen eingebaut werden, die Licht ins Haus bringen." Insgesamt habe man fünf Jahre Planungszeit benötigt.

Noch dominiert die Baustelle in den oberen Stockwerken der Judengasse Nummer 11.
Noch dominiert die Baustelle in den oberen Stockwerken der Judengasse Nummer 11.

Beim Rundgang durch die Baustelle kommt der Polier der ausführenden Baufirma zum Gespräch und hält sich kurz: "Auf der grünen Wiese bauen kann jeder - das hier ist eine ganz andere Liga."

Polier: "Hier ist vieles Handarbeit"

Er deutet auf eine Hausöffnung im vierten Stock, durch die sämtliche Baustoffe und Materialien ins Gebäude gebracht werden müssen. "Hier ist vieles Handarbeit."

Eingebaut wurden auch Kellerabteile. Zudem wurde das Leitungsnetz erneuert. Wiebel überrascht mit einer Aussage: "Was die Heizungstechnik und Raumluft betrifft, tun wir uns im Altbestand mit dicken Wänden oftmals leichter als im Neubaubereich." Schlussendlich gehe es nämlich neben Umweltfaktoren vor allem darum, dass auch die Betriebskosten für die Mieterinnen und Mieter erschwinglich sind.

Bleibt die Frage offen, welchen Mietzins es geben wird. "Es geht um leistbare Miete - wobei natürlich die Mieten in Salzburg nicht für jeden leistbar sind, das muss gesagt werden", sagt Wiebel. Einen konkreten Mietzins beziehungsweise Richtwertmiete möchte er noch nicht nennen. Fertiggestellt sollen die Wohnungen im März 2025 werden. In Dialog möchte er auch mit Studierenden der Universität Mozarteum treten - schließlich gehöre nicht nur der Wohnraum in die Altstadt von Salzburg, sondern auch die Musik, sagt der Violinist.

Bevölkerung in der Altstadt


Hauptwohnsitz


Auf der linken
Altstadtseite leben laut der Stadt Salzburg zum Stichtag 1. Jänner 2025 3195 Personen mit Hauptwohnsitz (2024: 3215) - auf der rechten Seite sind es 1918 Personen (2024: 1897).



Nebenwohnsitz


Hinzu kommen Nebenwohnsitze:
925 (Vorjahr: 975) sind es auf der linken Altstadtseite, 549 (Vorjahr: 615) auf der rechten Altstadtseite. Angemerkt sei aber, dass eine Person mehrere Nebenwohnsitze haben kann.


Historie

Im 18. Jahrhundert lebten in der historischen Altstadt beider Uferseiten noch etwa
15.000 Menschen. 1971 wohnten auf der linken Altstadtseite noch 4112 Menschen.

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