Es ist ein Herbstmorgen wie aus dem Bilderbuch. Hinter der Rezeption des Hotels Europa beim Salzburger Hauptbahnhof strahlt Georgiana Micle mit der Sonne um die Wette. "Here you are", sagt sie zu dem asiatischen Ehepaar, das gerade aus einem der 113 Zimmer ausgecheckt hat, und überreicht die Rechnung.
Die 18-Jährige befindet sich im zweiten Lehrjahr als Rezeptionsgehilfin. "Ich habe es vorher als Friseurin versucht, aber das hat nicht geklappt und ich wollte etwas Neues ausprobieren." Ihre Personalverantwortliche Vanja Suljic lächelt ihr zu: "Ich kann mich noch gut an dein Bewerbungsgespräch erinnern. Du hast gesagt, es macht dir total Spaß, mit Menschen zu arbeiten." Das Berufsbild Hotel- und Gastgewerbeassistentin habe sie daher angesprochen. Im Laufe des ersten Lehrjahrs habe sich aber herauskristallisiert, dass die theoretische Ausbildung in der Berufsschule womöglich eine zu große Herausforderung sei. Daher fiel die Entscheidung für eine Spezialisierung auf den Rezeptionsbereich mit einer sogenannten Teilqualifizierung. "Georgiana könnte nächstes Jahr im Sommer ihre Abschlussprüfung ablegen", sagt Vanja Suljic.
Begleitet werden Betrieb und Lehrling dabei von der Berufsausbildungsassistenz des Vereins Einstieg. "Wir haben tolle Erfahrungen damit gemacht und haben viel Unterstützung bekommen", sagt Suljic. Sie ist für die etwa 100 Mitarbeiter in den Salzburger Hotels der Verkehrsbüro Hospitality zuständig: im Austria Trend Hotel Europa Salzburg, im Austria Trend Hotel Salzburg Messe sowie im Radisson Blu Hotel Altstadt Salzburg. Acht Lehrlinge absolvieren derzeit in diesen Betrieben eine Ausbildung, davon zwei mit Unterstützung der Berufsausbildungsassistenz. Der Kontakt sei unkompliziert und erleichtere vieles: "In meiner Erfahrung haben unsere Lehrlinge sehr profitiert von der individuellen Betreuung, die sie erhalten haben."
Mit dieser Einstellung sei der Betrieb ein Vorzeigebeispiel. Das sagt Silvia Jarosch Wiesinger, Leiterin der Berufsausbildungsassistenz: "Das sind Unternehmen, die mehr tun als das unbedingt Notwendige. Sie entscheiden sich oft bewusst für einen Lehrling mit vielleicht vorgezeichneten Schwächen und sind bereit, mit uns zusammenzuarbeiten."
Neun dieser Betriebe werden in Kürze ausgezeichnet: Beim Festakt "20 Jahre Berufsausbildungsassistenz" am 14. Oktober erhalten sie die Goldene Leiter - in Anlehnung an die Leiter im Logo des Vereins Einstieg.
Dieser hat heuer im Rahmen der Berufsausbildungsassistenz bereits mehr als 460 Jugendliche und ihre Betriebe betreut. Zum Vergleich: Vor 20 Jahren startete das Programm mit 80 Jugendlichen. Der Personalstand wuchs von damals zwei auf heute 18 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Finanziert wird das Projekt seit 20 Jahren vom Sozialministeriumsservice. Neben der Teilqualifizierung, die sich auf einen bestimmten Teil eines Lehrberufs konzentriert, gibt es auch die Möglichkeit der verlängerten Lehre. Dabei erhält der Lehrling ein Jahr länger Zeit für den Abschluss der Ausbildung. Oft machen die Berufsschulen oder die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer die Betriebe auf diese Möglichkeiten aufmerksam.
Die Kosten-Nutzen-Rechnung sei durchaus eine nüchterne: Wenn die Gesellschaft den Jugendlichen helfe, eine Ausbildung abzuschließen, rechne sich das in Form von Arbeitskräften, die Steuern ins System einzahlen. Doch die Gründe seien vielschichtiger, sagt Jarosch Wiesinger: "Arbeit ermöglicht Teilhabe an der Gesellschaft. Das heißt im Umkehrschluss: Wer davon ausgeschlossen bleibt, kann nicht teilhaben. Das kann eine Belastung oder sogar eine Gefahr für die Gesellschaft werden."
Ein Prüfer bei der Wirtschaftskammer, der viele Teilnehmer der Berufsausbildungsassistenz betreue, habe es einmal sehr treffend auf den Punkt gebracht: Diese Unterstützung für Jugendliche sei wichtig, "weil jeder Mensch einen Erfolg braucht".