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Pongauer Betriebe werden bei der Suche nach Lehrlingen kreativ

Der Fachkräftemangel macht Lehrlinge zu einem wichtigen Zukunftsfaktor für heimische Betriebe. Bei der Suche ist zunehmend Kreativität gefragt.

Christian Sieder (l.) und Peter Ackerl (r.) absolvieren in Bischofshofen eine Elektrotechnik-Lehre. Kräfte wie sie sind bei den heimischen Betrieben hoch im Kurs.
Christian Sieder (l.) und Peter Ackerl (r.) absolvieren in Bischofshofen eine Elektrotechnik-Lehre. Kräfte wie sie sind bei den heimischen Betrieben hoch im Kurs.
Personalleiterin Vanessa Kneissl berichtet, dass die Zahl der Bewerbungen für Lehrstellen im Liebherr-Werk seit Jahren stabil sei.
Personalleiterin Vanessa Kneissl berichtet, dass die Zahl der Bewerbungen für Lehrstellen im Liebherr-Werk seit Jahren stabil sei.

Zwischen den offenen Lehrstellen und jenen Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen, klafft im Pongau eine große Lücke. Laut Daten des Arbeitsmarktservice (AMS) gab es im August 223 sofort verfügbare Lehrstellen im Bezirk. Dem stehen nur 26 sofort verfügbare Lehrstellensuchende gegenüber. Das Ungleichgewicht erscheint auf den ersten Blick dramatisch. Der Leiter des AMS Bischofshofen, Thomas Burgstaller, gibt aber zu bedenken, dass die Statistik in dieser Sache nur begrenzt die Realität abbilde: "Die Suche einer Lehrstelle erfolgt oft über persönliche Kontakte oder andere Kanäle. In diesen Fällen erfolgt keine Vormerkung beim AMS und damit scheinen viele Suchende nicht in unseren Daten auf."

Die Anzahl der Lehrlinge bewegt sich im Pongau tatsächlich seit Jahren kontinuierlich zwischen 1300 und 1400. Auch die Zahl der neu angemeldeten Lehrlinge bleibt seit Jahren stabil bei einem Wert von über 500, mit einer Ausnahme zum Höhepunkt der Coronapandemie im Jahr 2020. "Zuletzt geht die Lücke zwischen offenen Lehrstellen und Suchenden aber wieder auf", räumt Burgstaller ein. "Darin sieht man den hohen Bedarf an zukünftigen Fachkräften wegen des demografischen Wandels. Die Lehrausbildung ist dafür das Fundament."

Wirtschaftskammer setzt auf Orientierungshilfe

In der Wirtschaftskammer (WKS) ortet man ebenfalls eine schwierige Situation angesichts der fortschreitenden Pensionierung geburtenstarker Jahrgänge. "Es ist natürlich in allen Sparten schwierig, Lehrlinge zu finden", erklärt die Pongauer WKS-Obfrau Elke Steinbacher. In Salzburg verzeichne man zudem einen besonders starken Rückgang an Jugendlichen. "Unser Auftrag ist nun, junge Menschen bei der Berufsorientierung so gut wie möglich zu unterstützen, um Fehlentscheidungen bei der Berufswahl zu vermeiden", betont Steinbacher. Auch die Aufwertung des Images der Lehrausbildung habe man sich zur Aufgabe gemacht. Mit Berufsinfomessen und Projekten zur Berufsorientierung, die bereits im Kindergartenalter spielerisch beginnen und in der Schule fortgesetzt werden, versuche man, diese Ziele zu erreichen. Ähnliche Initiativen - von Messen über die intensive Zusammenarbeit mit den Schulen bis hin zu einer Offensive für die Lehre im Erwachsenenalter - setzt man derzeit auch aufseiten des AMS.

Liebherr veranstaltet eigene "Lange Nacht"

Auch in den Ausbildungsbetrieben selbst wird man zunehmend kreativ bei der Anwerbung von Lehrlingen. Das Liebherr-Werk in Bischofshofen beschäftigt derzeit 80 Lehrlinge in sieben verschiedenen Berufen und ist damit der größte Ausbildungsbetrieb im Pongau. "Wir besuchen Messen, halten Vorträge an Schulen und empfangen Schulklassen aus der Region für Werksbesuche", schildert Personalleiterin Vanessa Kneissl Strategien, um potenzielle Lehrlinge anzusprechen. Positive Erfahrungen habe man in diesem Zusammenhang auch mit der "Langen Nacht der Lehre" gesammelt, die im April in über 50 Pongauer Betrieben stattgefunden hat. Daher werde Liebherr am 20. Oktober in Eigenregie nochmals ein solches Event im Werk in Bischofshofen veranstalten. Der Einsatz scheint sich jedenfalls bezahlt zu machen. "Wir verzeichnen seit vielen Jahren konstante Bewerberzahlen, wobei der demografische Wandel das Umfeld auch für uns herausfordernder macht", sagt Kneissl. Zudem bildet das Liebherr-Werk heute sogar 20 Lehrlinge mehr aus als noch vor fünf Jahren.

"Mit einer Lehre hat man alle Chancen"

In kleineren Maßstäben als im großen Liebherr-Werk geht die Ausbildung bei "EKO Elektrotechnik" in Bischofshofen vonstatten. "Wir beschäftigen aktuell zwölf Lehrlinge, im August haben zwei neue Kollegen ihre Ausbildung begonnen", berichtet Max Hafner aus dem Geschäftsführungs-Duo. EKO setzt seit einigen Jahren auf einen starken Markenauftritt in sozialen Netzwerken. "So ist man auch bei den jungen Leuten präsent", ist Hafner überzeugt. Auch die enge Zusammenarbeit mit den Polytechnischen Schulen sei sehr hilfreich, um sich für möglichst viele Jugendliche als potenzieller Ausbildungsbetrieb zu positionieren. "Das machen wir seit Jahren. Man spürt aber, dass diesen Weg immer mehr Betriebe gehen", schildert der EKO-Chef. "Die Lehrlinge sind die Fachkräfte der Zukunft. Eine gute Ausbildung ist für uns zwar aufwendig, aber wenn die Arbeiter dann im Betrieb bleiben, zahlt sich das auf jeden Fall aus." Den Initiativen zur Aufwertung des Images der Lehre attestiert Hafner erste Erfolge: "Mit einem Lehrberuf hat man alle Chancen. Immer mehr Menschen sehen dieses Potenzial. Trotzdem muss man dieses Bewusstsein weiter stärken."

Daten und Fakten

1326 Lehrlinge wurden im Jahr 2022 in den Pongauer Betrieben ausgebildet. Mit 686 waren die meisten davon im Gewerbe und Handwerk beschäftigt.

474 Menschen in Ausbildung besuchten 2022 die Berufsschule in St. Johann. Unterrichtet werden Drogisten, pharmazeutisch-kaufmännische Assistenten sowie Einzelhandels-, Industrie-, Büro-,
E-Commerce- und Versicherungskaufleute.

Sechs Betriebe im Pongau bilden laut AMS pro Jahr mehr als zehn neue Lehrlinge aus: Liebherr in Bischofshofen, Eurofunk Kappacher in St. Johann, Edelweiß Mountain Resort in Großarl, Spiluttini Bau in St. Johann, Wagrain Bau und das Eisenwerk Sulzau-Werfen.

533 Lehranfänger begannen im vergangenen Jahr ihre Ausbildung in einem Unternehmen im Pongau.

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