Eine unscheinbare Türe in der Pfeifergasse führt in die oberen Stockwerke eines Altstadthauses. Claudia Prock öffnet die Türe mit dem Smartphone in der Hand und den Kopfhörern im Ohr. Sie habe gerade noch ein telefonisches Beratungsgespräch absolviert, sagt die Sozialarbeiterin, die für das Beratungsunternehmen Mavie arbeitet. Dieses möchte Unternehmen dabei helfen, gesündere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschäftigen. 11 Unternehmen aus Salzburg mit 4500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stehen unter Vertrag. Österreichweit sind es 150 Unternehmen. Das Ziel: Die Stärkung der körperlichen und psychischen Gesundheit der Belegschaft.
Ein kostenloses Klimaticket, Gutscheine für die Mittagsmahlzeit oder ein Beitrag zum Fitnessstudioabo sind beliebte Anreizmittel, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und ans Unternehmen zu binden. In Zeiten des eklatanten Personalmangels werden die Maßnahmen als Wettbewerbsvorteil am Arbeitsmarkt genutzt. 10.804 offene Stellen standen im Mai 2023 in Salzburg 10.026 Arbeitslosen gegenüber. Eklatant ist auch der Mangel an Lehrlingen: 1241 offene Lehrstellen treffen auf 242 Lehrstellensuchende.
Vermehrt setzen Betriebe auch auf die seelische, geistige und mentale Betreuung der Belegschaft. Wird ein kostenloses psychologisches Angebot in Betrieben bald Standard? "Es gibt noch viel Luft nach oben, aber in den vergangenen acht Jahren hat das Thema an Bedeutung gewonnen", sagt Prock. Nicht nur der "Employer-Branding-Gedanke" stehe bei den Unternehmerinnen und Unternehmern im Vordergrund. "Körperlich und psychisch gesunde Kolleginnen und Kollegen sind leistungsfähiger und das spiegelt sich auch in den Unternehmenszahlen."
Seit 15 Jahren bietet das Salzburger Bankhaus Spängler ein kostenloses psychologisches Angebot für die Belegschaft an. "In Anspruch nehmen können das Angebot auch Familienangehörige, die im Haushalt der Mitarbeiterin beziehungsweise des Mitarbeiters wohnen", sagt Rosemarie Macheiner, Bereichsleiterin Personal im Salzburger Bankhaus. Ziel sei es, ein niederschwelliges, anonymes Angebot zu bieten und schnelle Beratungstermine zu ermöglichen. Unternehmen buchen Pakete beim Beratungsunternehmen - diese geben den Leistungsrahmen für die Beratung vor. Wer zur psychologischen Beratung gehe, wisse der Arbeitgeber nicht. Bezahlt wird eine Jahrespauschale pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter, unabhängig davon, ob die Leistung in Anspruch genommen wird. Die Anzahl an Beratungsgesprächen liege dem Bankhaus vor: "Wir sehen, dass das Angebot gut angenommen wird und dass durch die Coronapandemie mehr Bedarf besteht", merkt Macheiner an. Tendenziell würden aber mehr Frauen das Angebot in Anspruch nehmen. Die Metaebene habe auch gezeigt, dass über 70 Prozent private Themen wie beispielsweise Trauerfälle oder auch Beziehungsprobleme mit den Expertinnen und Experten thematisiert werden. Wenn vermehrt Burn-out-Fälle auftreten, erfahren wir das und können im Unternehmen gegensteuern", sagt Macheiner. Darüber hinaus setze man im Bankhaus auf Gruppenmediation bei Konflikten. "Nach einem plötzlichen Trauerfall haben wir uns auch schon der Krisenintervention bedient."
Auf einen externen psychologischen Dienstleister für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen auch unter anderen der Salzburger Flughafen, der Zugangssystemhersteller Skidata und der Hörlösungsproduzent Sonova (Hansaton). Aber auch an den Universitäten, Hochschulen und zahlreichen Gesundheitseinrichtungen sind entsprechende Angebote etabliert. Sozialarbeiterin Claudia Prock spricht von einer "lösungsorientieren Kurzzeitberatung", die man anbieten könne, um Menschen mit psychischen Problemen in einem ersten Schritt zu unterstützen. Die Problemsortierung stehe dabei am Anfang.
Hilfreich sei im unternehmerischen Kontext, dass sich eine neutrale, in der Sache unemotionale Person dem Thema annehme. "Das hilft auch vor allem bei sexueller Gewalt", sagt Prock. Eine Zielgruppe könne die Beraterin nicht nennen: Es kämen vermehrt Führungskräfte, Vorstände, aber auch Fließbandarbeiter. "Wir bieten keine Psychotherapie und keine medizinische Beratung an", sagt die Sozialarbeiterin. Experten habe man aus der Psychologie, den Ernährungswissenschaften und der Lebens- und Sozialberatung.