Wissenschafterin Verena Fuchsberger will wissen, wie Großeltern über Distanz eine Beziehung zu ihren Enkel aufbauen.
Wie erforschen Sie die Beziehungen zwischen Oma und Enkel? Fuchsberger: In unserem Projekt verfolgen wir zwei verschiedene Herangehensweisen: Wir studieren, welche Wünsche Enkel und ihre Großeltern haben, welche schwierigen Situationen sie meistern müssen und welche Anforderungen an Technologie sie haben. Zudem arbeiten wir mit verschiedenen Materialien, die man über Distanz verwenden kann. Das Ziel ist, dass Enkel und Großeltern die Beziehung bestmöglich gestalten können.
Wie können sich Enkel und Großeltern über Distanz verbunden fühlen? Wir erforschen, wie wir digitales Spiel mit haptischen Elementen anreichern können: Konkret arbeiten wir an einer Sanduhr, die Enkel und Großeltern angreifen können. Dreht einer die Uhr während des Computerspiels um, dreht sich auch die Uhr am anderen Ort um.
Ist es das gleiche, wie sich in echt zu sehen? Ganz und gar nicht. Das ist auch nicht unser Ziel. Aber wenn die Enkel weg ziehen - durch Jobwechsel der Eltern etwa - wird Technologie relevant: Es fällt die Scheu, die Ablehnung gegen Digitales.
Wenn ich an meine Oma denke, denke ich an ihre Grießknödel. Wie schafft man es, über Distanz Erinnerungen aufzubauen? Da gibt es viele Möglichkeiten. Wir arbeiten auch mit Kleidungsstücken als spielerische Elemente. Wir versuchen herauszufinden, ob es möglich ist, Kleidung zu vernetzen: Wenn der Enkel bei seinem Kleidungsstück den Ärmel hochzieht, sollte das dann auch bei seinen Großeltern passieren. So können auch gemeinsame Erinnerungen entstehen. Diese müssen nicht immer explizit sein, man muss also nicht am Telefon sitzen und miteinander reden. Es geht darum, ein Nähegefühl zu schaffen. Die kleine Bewegung am Ärmel - und die Oma denkt an ihren Enkel.
Wie viel räumliche Nähe braucht eine Beziehung? An sich ist räumliche Nähe sehr wichtig. Sie kann man nicht ersetzen. Aber wenn das keine Option ist, wollen wir Alternativen bieten.
Wie weit sind Sie in Ihrer Forschung? Die angesprochene Sanduhr gibt es als Prototyp. Wichtig ist aber zu erwähnen, dass wir keine Produkte herstellen: Wir finden heraus, was für Großeltern und Enkelkinder Wert hat - und veröffentlichen dann unsere Ergebnisse.
Auf Facebook sieht man oft Fotos von anderen, ohne mit ihnen zu interagieren. Reicht das, um sich nahe zu fühlen? Das sind Themen, die relevant sind. Spielen ist nur eine Facette der Beziehung zwischen Enkel und Großeltern. Fotos sind ein gutes Beispiel: Aus vorherigen Projekten wissen wir, dass es hilft, gemeinsam ein Fotoalbum zu gestalten. Wenn sich die Großeltern ein geschicktes Foto zudem ausdrucken und aufhängen, vermittelt das Nähe für alle.
Wie werden sich Beziehungen in der Zukunft entwickeln? Wir sind erst ganz am Anfang, uns über die Möglichkeiten Gedanken zu machen. Künftig werden sich Beziehungen immens verändern - die geografische Distanz wird nicht mehr ausschlaggebend sein.
Verena Fuchsberger (36) arbeitet im Centrum for Human-Computer Interaction der Uni Salzburg. Das Projekt "re:tangent - remote tangible engagements" wird vom Wissenschaftsfonds FWF mit 300.000 Euro gefördert. An Bord ist auch die belgische Universität KU Leuven.



