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Wo die Ältesten und Jüngsten leben

In einem Dorf beträgt das Durchschnittsalter 19 Jahre, im anderen fast 55. Beide liegen in Tirol. Wie es zu diesen Extremwerten in der Statistik kommen kann.

Wo die Ältesten und Jüngsten leben
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In der Bevölkerungsentwicklung in Österreich gibt es in den vergangenen Jahren deutliche Trends: Die Zahl und der Anteil der Kinder und Jugendlichen (Personen unter 15 Jahren) sind in vielen Regionen gesunken, während die Bevölkerung im nicht mehr erwerbsfähigen Alter (65 Jahre und älter) zahlen- und anteilsmäßig stark an Gewicht gewonnen hat. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt ständig an, mit Stichtag heuer beträgt es bundesweit 42,2 Jahre. Zum Vergleich: Vor rund 50 Jahren betrug es noch 36,5 Jahre, im Jahr 1880 lag das Durchschnittsalter bei 29,5 Jahren.

Laut Statistik Austria lebten mit Stichtag 1. Jänner dieses Jahres in Österreich 8.507.786 Menschen. 1.688.948 (19,8 Prozent) davon waren Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren, 5.262.180 Personen (61,9 Prozent) waren im Haupterwerbsalter von 20 bis unter 65 Jahren und 1.556.658 Menschen (18,3 Prozent) waren 65 Jahre oder älter. Verglichen mit dem Vorjahr ging die Zahl der unter 20-Jährigen um 10.970 Personen zurück, während sich gleichzeitig sowohl die Zahl der 20- bis 64-Jährigen (plus 37.495) als auch jene der Menschen im Pensionsalter (plus 29.401) erhöhte. Insgesamt 1371 Menschen (222 Männer und 1149 Frauen) waren am 1. Jänner 2014 mindestens 100 Jahre alt. Damit erhöhte sich die Zahl der 100-Jährigen und noch Älteren gegenüber dem Vorjahr um immerhin 76 Personen.

Wo aber ist Österreich am jüngsten und wo ist das Durchschnittsalter am höchsten? Die Antworten der Statistiker verweisen nach Tirol. Die Gemeinde mit dem niedrigsten Durchschnittsalter (35,1 Jahre) ist Rohrberg im Zillertal. Rund 78 Kilometer davon entfernt befindet sich die Gemeinde Unterperfuss, wo das Durchschnittsalter mit 54,7 einen Rekordwert aufweist. Exakt 19,6 Jahre Unterschied: Wie ist das möglich? "Wir sind beide Kleingemeinden, da liegt der Schluss nahe, dass es sich um statistische Spielereien handelt", sagt Johann Schreyer, der Bürgermeister der 556-Seelen-Gemeinde Rohrberg. Im Alltagsleben sei es kaum sichtbar, dass der Tourismusort im Zillertal als "jüngste Gemeinde Österreichs" gilt. Wie er sich den Umstand erklärt? "Wir haben vor ein paar Jahren begonnen, begünstigten Wohnraum zur Verfügung zu stellen: Da haben sich dann etliche junge Familien mit Kindern angesiedelt", berichtet der SPÖ-Bürgermeister, der selbst auch drei Kinder hat. Die meisten Familien sind aus Tirol gekommen, zwei zogen auch aus dem nahen Deutschland in die rot-weiß-rote Bergwelt.

Rohrberg besteht aus den Ortsteilen Rohr, Haslach, Hochfeld, Mühlbachsiedlung und den Streusiedlungen am Westhang der 2263 Meter hohen Karspitze. Ein Teil befindet sich im Tal, der Rest verstreut auf den steilen Hängen des Rohrbergs. "Um die Menschen aus den teilweise entlegenen Gehöften ins Tal bringen zu können, haben wir gemeinsam mit anderen Gemeinden ein flexibles Busangebot, Regiotax, umgesetzt", sagt der Bürgermeister, der in seiner Gemeinde die Abwanderung stoppen konnte. "Wir sind schon einmal auf 370 Einwohner geschrumpft, weil wir zu wenige attraktive Wohnungen hatten." Ganzjahrestourismus, ein paar Gewerbebetriebe und bäuerliche Betriebe: Das sind die wirtschaftlichen Standbeine der Gemeinde, die um 1350 urkundlich erstmals erwähnt worden ist. Johann Schreyer hofft auf ein weiteres Ansteigen der Einwohnerzahl, die Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Gemeinde seien schließlich gut und einige Wohnungen werde man schon noch bauen können.

Im gemeindeeigenen Kindergarten, der in der Mühlbachsiedlung errichtet wurde, gibt es jedenfalls noch Kapazitäten. Dass man die jüngste Gemeinde Österreichs sei, erachte die Bevölkerung als nicht so wichtig, betont Bürgermeister Schreyer. Wichtiger sei, dass die Infrastruktur noch funktioniere und Rohrberg "ein funktionierendes Dorf" sei. Man setze viel auf Kooperation mit den umliegenden Gemeinden, halte nichts davon, dass jeder nur für sich dahinlebe. Nachsatz des Gemeindeoberhaupts: "Eigenständigkeit ist aber wichtig, von Gemeindezusammenlegungen wie in der Steiermark halte ich nichts."

Szenenwechsel nach Unterperfuss. Die 220-Einwohner-Gemeinde liegt im Inntal, etwa 15 Kilometer westlich von Innsbruck, gegenüber von Zirl. Wer denkt, hier im Gemeindeleben eine überalterte Bevölkerung anzutreffen, irrt. Denn das hohe Durchschnittsalter von 54,7 Jahren lässt sich so erklären: "Innerhalb unserer Gemeindegrenzen gibt es ein regionales Altenwohnheim, in dem rund 70 Personen leben. Die sind bei uns gemeldet, das hebt natürlich den Schnitt", sagt Martin Norz, der Bürgermeister (ÖVP-Liste Unterperfuss). Mit dem Image, eine "alte Gemeinde" zu sein, habe er kein Problem, betont Norz. Im Gegenteil: Man sei stolz darauf, dass das Altersheim gut floriere und es den älteren Menschen in Unterperfuss gut gehe. Das Altenwohnheim zeige bei Wahlen nicht selten auch andere statistische Auswirkungen: "Wenn die Senioren nicht zur Wahlurne gehen, sind wir gleich eine Gemeinde mit einer erschreckend niedrigen Wahlbeteiligung."

Der Name Unterperfuss schien erstmals 1453 in einer Urkunde auf, seit 1832 ist man eine selbstständige Ortsgemeinde. Den Bevölkerungshochstand erreichte man in den 1950er-Jahren, seit den 1960er-Jahren blieb die Einwohnerzahl in etwa gleich. "Wir haben noch ein bäuerliches Leben im Ort und den Vorteil, in einer Viertelstunde mit dem Auto in der Landeshauptstadt Innsbruck sein zu können", berichtet Norz. Die dörfliche Infrastruktur - unter anderem gibt es zwei Gasthäuser - sei noch weitgehend intakt, auch die Busverbindungen würden gut funktionieren.

Das Altenwohn- und Pflegeheim Unterperfuss, das für den statistischen Ausreißer verantwortlich ist, bereitet sich gerade auf das traditionelle Oktoberfest vor. Inklusive Oktoberbräu-Bier mit Weißwurst und Brezen sowie Kutschenfahrt durch die Nachbargemeinde Kematen. "Derzeit lebt nur eine Person, die aus Unterperfuss stammt, im Pflegewohnheim. Der Rest kommt aus Umlandgemeinden", sagt Bürgermeister Norz. Im Straßenbild des Ortes sind immer wieder auch Kinder zu sehen. Von einer "Pensionopolis" also keine Spur.

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