Auf den letzten Drücker für Prüfungen lernen ist für Anna Tonia Henzinger jetzt nicht mehr möglich. Im vergangenen Jahr ist die 26-jährige Tirolerin um einiges organisierter geworden. Sie lernt schon Wochen im Voraus und teilt sich ihre Zeit genau ein. Stoff wiederholt sie beim Spazierengehen. Der Grund dafür ist Caspar, ihr Sohn. Ein Jahr ist er nun alt - und er ist ständig unterwegs, will alles ansehen und kommentiert Erlebnisse eifrig.
Auf der Fachhochschule (FH) Salzburg ist er ein kleiner Star. Wenn seine Mama Kurse in ihrem Hebammenstudium besucht, ist er meistens dabei. "Als er noch ein Baby war, hat er viel geschlafen. Ich habe ihn entweder getragen oder auf einer Decke vor mir am Tisch liegen gehabt", berichtet Henzinger. Dass das Studieren mit Baby ohne die Unterstützung der Kommilitoninnen kaum möglich gewesen wäre, ist der jungen Frau durchaus bewusst. Gerade im Sommersemester sei der Bub viel herumgewandert im ganzen Hörsaal; Stillsitzen war bei ihm weniger gefragt. "Manchmal haben andere ihn mir abgenommen, ihn beschäftigt. Die Stimmung war toll."
Auf der FH bemühen sich Studiengangs- und Kursleiter, Henzinger den Rücken freizuhalten: Wenn Caspar krank ist, kann sie Prüfungen nachholen. Auch ihr Praktikum durfte sie vorerst aufschieben - das empfindet sie als "totalen Luxus". Wenn Caspar gestillt wird, ist für einen Rückzugsraum gesorgt. "Ich konnte in ein ruhiges Zimmer, in dem eine Liege stand. Dort war ich allein mit dem Kleinen." Immerhin sei Stillen mehr, als nur den Hunger zu vertreiben. Seit einigen Monaten gibt es in Urstein auch eine Möglichkeit zum Wickeln. "Gerade beim Hebammenstudium ist eine große Akzeptanz da, wenn während der Ausbildung ein Baby auf die Welt kommt", sagt Henzinger. Sie sei auch nicht die Einzige und viele Lehrveranstaltungsleiter seien selbst Eltern.
Ihre Studierenden möchte auch Sylvia Hahn, Vizerektorin an der Paris-Lodron-Universität Salzburg, unterstützen. Aus einer geplanten Kinderbetreuungseinrichtung im Unipark Nonntal ist vorerst nichts geworden. "Geeignete Räume zu finden ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit", sagt sie. So habe sie einen anderen Weg eingeschlagen und bei KOKO (Kontakt- und Kommunikationszentrum für Kinder) Plätze reserviert. Diese können nicht nur Studierende, sondern auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab dem kommenden Semester nutzen. "Es ist zumindest eine Hilfestellung, sozial gestaffelt und denen, die Unterstützung brauchen, können wir einen kleinen Zuschuss gewähren", erklärt die Vizerektorin. Sie würde sich zwar immer noch eine eigene Einrichtung wünschen, sei aber froh, dass es zumindest diese Alternative gebe.
KOKO betreut an neun Standorten in Salzburg rund 400 Kinder im Alter von einem bis sechs Jahren. "Für Studierende ist es auch möglich, tageweise unterschiedlich viele Stunden Betreuung in Anspruch zu nehmen, je nach Studienplan", sagt Geschäftsführerin Eva Goetz. Nach einem Semester könne neu geplant werden. Betreut werden die Kinder bei Bedarf von 6.30 bis 19 Uhr. Noch sind einige Plätze frei.
Anna Henzinger wird im kommenden Wintersemester pendeln; hat sie zuvor in Gehweite zur Fachhochschule in Urstein gewohnt, so ist sie nun mit ihrem Freund in Kufstein zu Hause. Caspar wird dann bei seinen Großeltern bleiben, die für die jungen Eltern eine große Stütze sind.
"Was ich früher nicht geschafft habe, schaffe ich jetzt viel besser", sagt die 26-Jährige. Abends wird gelernt, auch wenn die Lust manchmal gering ist. Natürlich komme es manchmal zu grenzwertigen Situationen, wenn sie müde und gestresst sei. "Aber diese Situationen bringen einen ja weiter", gibt sie sich kämpferisch. Ein Semester heißt es noch durchhalten, dann hat sie ihren Abschluss als Hebamme und kann sich ins Berufsleben stürzen.
Beim Studieren mit Kind lohnt es sich jedenfalls, Infos über Beihilfen und Zuschüsse einzuholen. Vom Kindergeld über die Familienbeihilfe bis zum Sozial- und Kinderfonds der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) gibt es besondere Regelungen für frischgebackene Eltern. Details haben etwa die ÖH oder die Stipendienstellen der Hochschulen parat.
 

