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Mateschitz: "Habe Verständnis für den Unmut der Fans"

Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz kritisiert im SN-Interview die Überreglementierung in der Formel 1: "Die Fahrer können nicht mehr ans Limit gehen."

Mateschitz: "Habe Verständnis für den Unmut der Fans"
Mateschitz: "Habe Verständnis für den Unmut der Fans"


Ein Bulle für den Oberbullen: Ein Geschenk für Dietrich Mateschitz gab es Sonntag auf dem Catalunya-Kurs zwar nicht im Rennen, dafür aber in der Box, als ihm seine Formel-1-Teams die aus Ersatzteilen verschiedener Boliden der vergangenen Jahre zusammengebaute Skulptur anlässlich seines bevorstehenden "runden" Geburtstags überreichten. Die aktuelle Lage der Formel 1 sieht Mateschitz aber durchaus kritisch.


SN: Die Formel 1 ist bei vielen Fans in die Kritik geraten. Auch bei Ihnen?
Dietrich Mateschitz: Was mir gefällt ist der Umstand, dass es zumindest noch ums Autofahren geht. Was mir nicht so gefällt, und ich versuche dafür aber Verständnis aufzubringen: Wir haben eine Unmenge an Reglements, Einschränkungen, Bestimmungen, Bestrafungen, kurz eine Überreglementierung. Es ging früher immer darum, dass der Schnellste gewinnt und dass man so schnell wie möglich fährt. Das tun wir nun nicht mehr aufgrund des Reglements, das vielleicht Berechtigung in den Forschungsabteilungen der Industrie hat, aber nicht im Motorsport. Gelinde gesagt habe ich Verständnis für den Unmut der Fans. Wir sollten wieder Rennen fahren und nicht nur Benzin sparen müssen. Derzeit können die Fahrer nicht mehr ans Limit gehen.

SN: Wollen Sie im Automobilverband auf Regeländerungen drängen?
Nein, weil das hoffnungslos wäre. Das Reglement macht die FIA als durchführende Behörde, aber sie soll das im Sinne des Sports mit Berücksichtigung der Sicherheit machen.


SN: Ärgert Sie noch die Aberkennung von Ricciardos zweitem Platz in Melbourne?
Daniel wurden die 18 Punkte nicht gestrichen, weil der Durchflusssensor nicht richtig angezeigt hat, sondern weil wir eine Anordnung nicht befolgt haben. Wenn in diesem Fall eine Bestrafung zu Recht erfolgt, dann sollte sie das Team treffen und nicht den Fahrer. Das war keine sportliche Entscheidung. Das sind traurige Zeiten.


SN: Formel-1-Vermarkter und Geschäftsführer Bernie Ecclestone erlebt seine schwierige Zeit. Was passiert, wenn er sein Amt nicht mehr ausüben kann?
Dann wird es sehr schwierig werden, jemanden zu finden, der die Formel 1 sowohl sportlich als auch finanziell weiterführen kann. Ich kenne dafür im Moment niemanden. Wenn das aktuelle Concorde Agreement (Basisvertrag zwischen Verband, Promotor und Rennställen, Anm.) ausläuft, wird sich die Frage stellen, wer dann noch weiter dabei sein wird.


SN: Wenn Anteile an der Formel-1-Holding zu kaufen wären, würden Sie Interesse haben, solche zu erwerben?
Nein, das ist eine Frage der Kapazitäten, und wir haben dafür auch keine Kompetenz.


SN: Als Weltmeister startete Red Bull Racing unter den Erwartungen in die neue Saison. Wie geht es weiter?
Es gibt für uns viel zu tun, also packen wir es an. Wir kamen nicht ausreichend zum Testen. Wir können die Reifen nicht so optimal zum Arbeiten mit den neuen Autos bringen wie Mercedes. Das Zusammenspiel von Treibstoff, Motoreinheit, Antriebsstrang, Energierückgewinnung funktioniert noch nicht wie gewünscht. Mercedes hat da einen hervorragenden Job gemacht, wir müssen versuchen, aufzuholen.


SN: Können Sie dafür einen Zeitpunkt nennen?
Ich hoffe, dass es uns bis Saisonhalbzeit einigermaßen glückt, dass der Vorsprung von Mercedes nicht mehr uneinholbar ist. Wie immer: Die Hoffnung stirbt zuletzt!


SN: Das Juniorteam Toro Rosso wechselte erst im Winter zu Renault als Motorenpartner. War das im Nachhinein betrachtet ein Fehler?
Nein. Wäre Toro Rosso bei Ferrari geblieben, wäre die Situation auch nicht viel anders.


SN: Wie beurteilen Sie die Leistungen von Ricciardo als Neuling bei Red Bull Racing und Kwjat als Rookie bei Toro Rosso?
Auch wenn Sebastian Vettel heuer viel Pech hat, hat Daniel Ricciardo vom ersten Tag an alle überrascht und keine Schwächen gezeigt. Das zeigt auch, dass Toro Rosso eine ausgezeichnete Schule für künftige Siegfahrer ist. Und dort sitzt mit Daniil Kwjat schon der nächste Anwärter drinnen.


SN: In sechs Wochen kommt die Formel 1 zurück nach Österreich. Wie läuft die Vorbereitung auf dem Red Bull Ring?
Alles läuft nach Plan, was Organisation, Rennstrecke, Technik betrifft. Wir freuen uns alle darauf.


SN: Wie viele Zuschauer erwarten Sie und kann sich eine Kostendeckung überhaupt ausgehen?
Wir erwarten am Renntag 120.000 Fans, 125.000 wäre das Limit, das genehmigt ist. Eine wirtschaftliche Plus-Minus-Bilanz kann sich nicht ausgehen, das Defizit wird ein zweistelliger Millionenbetrag sein, aber der ist geringer als ursprünglich errechnet.


SN: Noch kurz zu anderen Sportarten: Wie werden die Querelen mit der Deutschen Fußball-Liga in Sachen RB Leipzig ausgehen?
Wir versuchen einen Konsens zu finden, aber den nicht um jeden Preis. Wie ich schon sagte: Ich unterschreibe nicht meine Entmündigungserklärung. Ich denke, es wird eine Annäherung geben.


SN: Welchen Zuschauerschnitt erwarten Sie in Leipzig in der 2. Liga?
Das werden wohl 30.000 bis 40.000 im Schnitt und einige ausverkaufte Spiele werden.

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