Es war wohl die Geste des Wochenendes in der deutschen Fußballbundesliga: Als beim Match von St. Pauli gegen Bayern München die Hamburger ein Banner mit den Worten "Kein Vergeben, kein Vergessen" aufrollten, verstummten viele im Stadion. Es war eine Reaktion auf das antisemitische Chaos, das propalästinensische Radikale in Amsterdam gegen Fußballfans von Maccabi Tel Aviv am Donnerstag im Umfeld des Europa-League-Spiels von Ajax gegen das israelische Team angerichtet hatten. Viele Fans wurden verletzt, es gab 62 Festnahmen.
Statt des traditionellen "Hells Bells" zur Einstimmung vor dem Spiel am Millerntor hielten die Pauli-Fans eine Schweigeminute ein, um die Opfer des Holocaust zu würdigen und sich gegen Rechts und das Vergessen zu stemmen. Der gesamte Bayern-Block trug diese Minuten der Andacht am Jahrestag der Novemberpogrome mit. Am Ende siegte der deutsche Rekordmeister durch ein sehenswertes Musiala-Tor mit 1:0 - es schien aber an diesem Tag ein wenig Nebensache zu sein. Denn die Fans von St. Pauli feierten ihre Spieler trotz Niederlage, aber ob ihres Einsatzes gegen die Bayern - alle Fans zeigten sich solidarisch mit den Opfern der Ausschreitungen von Amsterdam.
Die Angriffe und teils Hetzjagden gegen die jüdischen Fans in der niederländischen Hauptstadt haben auch Folgen für die Planung von internationalen Fußballspielen: Die Sicherheitsvorkehrungen in der norwegischen Stadt Bodø werden vor dem Fußball-Europa-League-Heimspiel von FK Bodø/Glimt gegen Maccabi Tel Aviv im Jänner deutlich erhöht. Das teilte die örtliche Polizei am Samstag mit.
Bodø/Glimt empfängt Maccabi am 23. Jänner. "Die Polizei wird mehr Ressourcen bereitstellen, nicht nur in Form von sichtbarer Präsenz auf der Straße, sondern auch durch nachrichtendienstliche Maßnahmen vor dem Spiel", sagte die stellvertretende Leiterin des Polizeidistrikts Nordland, Cathrin Nerhus Lewin, am Samstag dem norwegischen Rundfunk NRK. "Wir werden mit den Fußballvereinen in Kontakt stehen und der Geheimdienst ist eng mit uns verbunden."
Das Auswärtsspiel von Maccabi gegen Beşiktaş Istanbul am 28. November wird an einem noch zu bestimmenden neutralen Ort ausgetragen werden.
Am Donnerstag (20.45) empfängt in der Nations League Frankreich das Nationalteam von Israel. Und auch hier sind die Verantwortlichen in Paris gewarnt, die Sicherheitskräfte sollen mit 4000 Polizisten in Alarmbereitschaft versetzt werden.
In und abseits der Fußballstadien ist der Antisemitismus regelmäßig präsent gewesen. Und es scheint wieder mehr zu werden. Stunden vor dem Skandal von Amsterdam sollen in Berlin jüdische Sportler beschimpft und angegriffen worden sein. In Neukölln waren die Mannschaften von Schwarz-Weiß und von TuS Makkabi Berlin aufeinandergetroffen - im Anschluss an das Match soll es gegen den deutsch-jüdischen Verein zu Übergriffen gekommen sein.
Entsetzen machte sich breit, als im Jahr 2005 der Kapitän von Lazio Rom, Stürmer Paolo Di Canio, nach einem Torerfolg zu den Fans die Hand zum Hitlergruß in die Höhe gestreckt hatte. Daraufhin wurde er gesperrt, die Fans von Lazio Rom werden bis heut noch als rechtsradikal eingestuft.
Nach den aktuellen Vorfällen in Amsterdam hat St. Pauli ein richtiges Zeichen gesetzt.