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Ein Marathon unter zwei Stunden: Nur eine Frage der Zeit

2:00:35 Stunden benötigte Kelvin Kiptum in Chicago. Der Marathon-Weltrekord ist das Produkt von umfassender Betreuung, perfekter Vorbereitung und Teamwork.

Kelvin Kiptum im Ziel des Marathons von Chicago.
Kelvin Kiptum im Ziel des Marathons von Chicago.

Und schon wieder ein Marathon-Weltrekord: Nur zwei Wochen nach der Fabelzeit von Tigist Assefa in Berlin (Frauen-Weltrekord in 2:11:53) setzte Kelvin Kiptum am Sonntag noch einen drauf: In Chicago entthronte der 23-jährige Kenianer seinen Landsmann Eliud Kipchoge. 2:00:35 lautet der neue Maßstab, satte 34 Sekunden unter dem bisherigen Rekord. Kiptum, der sich dem Weltrekord schon in London angenähert hatte, bestritt erst seinen insgesamt dritten Marathon.
In der Laufszene wird nun intensiv darüber diskutiert, ob und wann erstmals die magische Zwei-Stunden-Marke über die 42,195 Kilometer fallen wird.

Bevor Kiptum nun in Chicago zuschlug, waren in den vergangenen 20 Jahren alle Weltrekorde in Berlin gefallen. Logisch wäre, Kelvin Kiptum nächstes Jahr auf der Strecke von Berlin auf eine 1:59er-Zeit losgehen zu lassen. Der Salzburger Marathonexperte Johannes Langer ist skeptisch: "2024 hängt alles von Olympia ab. Wird Kiptum für die Spiele nominiert, ist das zu knapp vor Berlin." Altmeister Kipchoge will unbedingt noch einmal Olympiasieger werden. Das Management des Neo-Weltrekordlers könnte entweder das große Duell der Generationen anstreben oder alles in Richtung Zwei-Stunden-Traumzeit ausrichten. Langer: "Die Rahmenbedingungen wären in Berlin sicher besser als jetzt in Chicago, falls das Wetter mitspielt."

Eliud Kipchoge lief 2019 in Wien bereits 1:59:40 Stunden über die Marathondistanz, allerdings als einziger Teilnehmer eines komplett auf ihn abgestimmten Laufs unter Laborbedingungen und daher nicht als Weltrekord anerkannt. Aber auch die offiziellen Fabel-Weltrekorde passieren nicht zufällig. "Die Tempomacher trainieren schon monatelang vorher mit einem Rekordläufer, da sind alle Abläufe perfekt abgestimmt", erklärt Langer. Die Veranstalter, ob in Berlin oder in Chicago, passen alles an die Bedürfnisse eines Supermannes wie Kiptum an. Dazu kann sich ein überragender Athlet wie er auf eine Rundum-Betreuung in jeder Hinsicht verlassen. "Man sollte sich von der Vorstellung verabschieden, dass das Läufer aus dem Busch sind, die barfuß zur Schule gelaufen sind", erklärt der Experte. Ob Trainingsmethodik, Ernährung, Medizin, Mentaltraining, Physiotherapie: "Das ist alles auf einem brutal hohen Niveau. Leistung basiert nie nur auf einer Komponente."

Die „Wunderschuhe“ des Weltrekordlers.
Die „Wunderschuhe“ des Weltrekordlers.

Die vieldiskutierten "Wunderschuhe" seien zwar auch ein Faktor, aber nicht so bedeutend, wie es die Ausstatter gerne darstellen. Adidas und Nike liefern sich ein Match, in dem es vor allem darum geht, Hobbyläufern sehr teure Modelle zu verkaufen. Die Schuhe mit dicker Sohle und Carbonelementen erfordern auch eine entsprechende Lauftechnik - Freizeitathleten könnten die persönliche Rekordjagd mit gesundheitlichen Beschwerden büßen.

Bemerkenswert am neuen Weltrekordler ist, dass er in der zweiten Hälfte zulegen kann. Langer sagt: "Mit welcher Energie er noch ins Ziel gelaufen ist, verblüfft alle." Beinahe untergegangen ist die Leistung der Frauensiegerin Sifan Hassan in Chicago. Die Niederländerin lief in 2:13:44 Stunden Europarekord und die zweitbeste Zeit nach Assefa vor zwei Wochen. Wie Kiptum ist auch Hassan Marathon-Anfängerin, für sie war der Auftritt in den USA erst der zweite offizielle Lauf über diese Distanz. Weitere Topleistungen der Paradeathletinnen und -athleten sind also nur eine Frage der Zeit.

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