Reutemann war bereits seit längerem schwer krank. 2017 war bei ihm Leberkrebs diagnostiziert worden. Am 30. Mai war er in das Krankenhaus seiner Heimatstadt Santa Fe eingeliefert worden. "Papa ist in Frieden und Würde von uns gegangen, nachdem er wie ein Champion mit edlem Herz und Kraft bis zum Ende gekämpft hat", schrieb seine Tochter Cora auf Twitter.
Reutemann gehörte zu den härtesten Gegnern des dreifachen österreichischen Weltmeisters Niki Lauda in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre. Dem Argentinier selbst war kein Titel vergönnt, obwohl er einige Saisonen lang in den besten Autos fuhr und zwölf Grand Prix gewann. Meist aber war er zur falschen Zeit am falschen Ort. Zudem galt er nicht unbedingt als der mental stärkste unter den Formel-1-Fahrern. Selbstzweifel gehörten bei Reutemann immer dazu, letztlich kosteten sie ihn die notwendigen paar Punkte zur Krönung. 1981 war er als Vizeweltmeister am knappsten dran, drei Mal war er WM-Dritter.
Lauda-Konkurrent bei Ferrari
Seien ersten großen Auftritte hatte Carlos Reutemann im aufstrebenden Brabham-Team. Die Truppe von Bernie Ecclestone war aber zwischen 1972 und 1976 noch nicht so weit, um den WM-Titel mitzufahren.
Der schwere Feuerunfall von Niki Lauda 1976 am Nürburgring bescherte Reutemann unerwartet ein Ferrari-Cockpit. Noch während der Österreicher um sein Leben kämpfte, bot ihm Ferrari den Platz von Lauda an. Man rechnete nicht damit, dass dieser zurückkehren würde. So hatte das Team plötzlich drei Fahrer. 1977 war Reutemann von der Scuderia auf den WM-Titel programmiert, doch das motivierte Lauda umso mehr, sich den Titel zurückzuholen.
Ein Wechsel zum Weltmeisterteam Lotus 1979 brachte nicht den gewünschten Erfolg - die Briten fielen zurück, während Ferrari mit Reutemann-Nachfolger Jody Scheckter über den WM-Titel jubelte.
Knapp verpasster Titel 1981
Bei Williams sollte es endlich klappen, aber Reutemann hatte die Rechnung ohne seinen Teamkollegen Alan Jones gemacht. Der Australier beherrschte das Ränkespiel hinter den Kulissen besser, wurde 1980 Weltmeister und beanspruchte auch 1981 die Nummer-eins-Position für sich. Am Ende fehlten Reutemann ganze zwei Punkte auf den jungen Brasilianer Nelson Piquet - der fuhr im ehemaligen Reutemann-Team Brabham zu seiner ersten Weltmeisterschaft. Nach nur zwei Rennen 1982 warf der Argentinier das Handtuch und beendete seine Karriere.
In der Folge war Reutemann politisch aktiv. Er fungierte viele Jahre als Gouverneur und Senator seiner Heimatprovinz Santa Fe.
Mit Reutemann verliert die Motorsportwelt einen weiteren Haudegen der 1970er-Jahre, der die Rennkarriere in dieser gefährlichen Zeit überlebt hatte. Niki Lauda ist 2019 gestorben. Clay Regazzoni kam 2006 bei einem Verkehrsunfall ums Leben, James Hunt (Weltmeister 1976) starb bereits 1993 an einem Herzinfarkt.


