Die Neuseeländerin Laurel Hubbard trat unter enormem Medieninteresse als erste Transgenderathletin bei Olympischen Spielen an, blieb aber ohne gültigen Versuch und Medaille.
Der theaterähnliche Saal im Tokyo International Forum war - hinsichtlich Coronabeschränkungen - eigentlich zu gut gefüllt, die Stimmung mit Geschrei und Applaus entsprechend. Viele Anfragen von Journalisten um Zutritt waren abgelehnt worden, bevorzugt waren an jenem Abend jene Nationen, die eine Athletin auf der Bühne hatten. Die sichtlich nervöse 43-jährige Hubbard beendete unter dem Klicken Dutzender Fotoapparate den Bewerb nach drei Fehlversuchen über 125 kg im Reißen nicht. Nach ihrem Aus stürmten Medienvertreter die Mixed-Zone. Das Interesse von TV, Radio und Print war enorm.
Fragerunde wurde keine zugelassen, stattdessen bedankte sich Hubbard bei Japan für die Ausrichtung der Spiele unter diesen Umständen, beim Internationalen Olympischen Komitee, bei ihrem nationalen Komitee sowie dem Gewichtheber-Weltverband für die Unterstützung. "Ich bin mir der Kontroverse durchaus bewusst, die sich um meine Teilnahme an diesen Spielen entsponnen hat. Und darum möchte ich ganz besonders dem IOC dafür danken, das, wie ich denke, wirklich seine Verpflichtung den Olympischen Prinzipien gegenüber bekräftigt hat und diesen Sport als etwas für alle Menschen etabliert hat - er ist inklusiv und zugänglich", erklärte Hubbard.
Die Niederösterreicherin Fischer kam mit einer Zweikampfleistung von 220 Kilogramm (97/123) auf den zehnten Platz, das war ihr Ziel gewesen. Li siegte erwartungsgemäß und mit drei olympischen Rekorden. 320 Kilogramm stemmte sie gesamt, 140 im Reißen, 180 im Stoßen. Sie blieb vor der Britin Emily Jade Campbell mit 283 kg, die mit 161 kg im Stoßen noch die US-Amerikanerin Sarah Elizabeth Robles um gesamt ein Kilo auf Platz drei verwies.
Optisch wirkte Fischer mit Abstand am leichtesten, sprich am unteren Limit, fast fehl am Platz. Sie hatte versucht, sich in der Klasse bis 87 zu qualifizieren, rutschte aber in die offene Kategorie rein. Manche Konkurrentinnen brachten 150 bis 160 kg auf die Waage. Augenscheinlich wurde der Leistungsunterschied auch daran, dass sich die Österreicherin im Reißen zu Beginn 93 kg auflegen ließ, die Chinesin Li Wenwen legte bei 135 los.
Österreicherin fühlte sich als Leichtgewicht unwohl
Im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur, gestand Fischer dann auch. "In den nächsten Wettkämpfen möchte ich wieder in meiner eigenen Gewichtsklasse starten. Ich fühle mich überhaupt nicht wohl in dieser." Wenn man wisse, wie schwer die anderen wirklich seien, dann denke man sich, okay, man sei gerade mal zwei Kilo über der Marke (+87 kg). Aber es war die einzige Möglichkeit, dass ich mich qualifiziere. Von dem her haben wir das komplett richtig gemacht."
Sie habe in dem Wettkampf für das, was sie dafür trainiert habe und wie das Ganze abgelaufen sei, das Maximum rausgeholt. "Ich habe Donnerstag am Abend erfahren, dass ich Freitag doch fliegen kann", schilderte sie die bangen Tage nach dem positiven Coronatest. "Ich bin wirklich sehr glücklich mit meiner Leistung, Top Ten wäre auch in der anderen Gewichtsklasse mein Ziel gewesen." Olympia sei eine spezielle Erfahrung gewesen. "Als ich den ersten Schritt auf die Bühne gemacht habe, habe ich gezittert. Das war ein komplett anderes Gefühl."
Die 20-jährige Fischer klärte 93 kg und 97 kg nach einem Fehlversuch. Ähnlich lief es für sie im Stoßen: Nach 117 kg ließ sie sich 123 kg auflegen, die sie ebenfalls nach einem Fehlversuch schaffte. Der zweite Versuch war zunächst gültig gegeben worden, was nach einer Juryberatung aber zurückgenommen wurde. Im dritten Versuch schaffte sie das Gewicht technisch sauber und damit diskussionslos. Fischer selbst sprach im Vorfeld davon, dass ein Ergebnis von 230 kg ein gutes wäre. Letztlich blieb sie zehn Kilo darunter.
Ihre Bestleistungen liegen im Reißen bei 105 kg und im Stoßen bei 132 kg sowie im Zweikampf bei 234 kg. In dieser Saison kam sie bei EM-Platz sieben im April in Moskau auf 99/123-222. Nächstes Ziel sind die U23-Europameisterschaften im Herbst in Finnland.
Den Rummel um Hubbard habe sie versucht auszublenden. Zum Antreten der Neuseeländerin meinte sie. "Das IOC hat das erlaubt, die werden das sicher analysiert haben. Wenn die sagen, das passt, dann passt das. Warum sollte ich eine eigene Meinung haben?" Es gab allerdings nicht nur wohlwollende Äußerungen, bei fair oder unfair gingen die Meinungen auseinander. Die Belgierin Anna van Bellinghen hatte von einem "schlechten Witz" gesprochen.
Vor ihrer Geschlechtsanpassung jedenfalls hatte Hubbard 1998 eine Zweikampf-Bestleistung von 300 kg gehabt, 2019 wies sie eine Zweikampf-Bestleistung von immer noch 285 kg auf.