Das Herrenfinale bei den US Open in New York zwischen dem Spanier Carlos Alcaraz und seinem italienischen Widersacher Jannik Sinner war ein Spiegelbild dessen, was in den nächsten Jahren auf den Tennissport zukommt: Beim 6:2-3:6-6:6-6:4-Sieg des 22-jährigen Alcaraz dominierten Ballwechsel in atemberaubendem Tempo mit krachenden Schlägen - besonders behallt durch das geschlossene Dach. Gepaart mit Präzision und Spielwitz. Besonders zu registrieren beim neuen US-Open-Champion, der damit Sinner als Titelverteidiger in New York vom Thron stieß. "Es war die beste Tenniswoche meines Lebens", sagte der nun sechsfache Major-Sieger aus Spanien danach. Der 1,83 Meter große Vorzeigeathlet hat mit zwei Titeln bei den US Open (2022, 2025), zwei in Wimbledon (2023, 2024) und zwei bei den French Open (2024, 2025) sechs der wichtigsten Titel in seiner Vita stehen. Bei drei Grand-Slam-Endspielen 2025 standen sich Alcaraz und Sinner hintereinander gegenüber - das hat es seit 1968 nicht mehr gegeben.
Diese zwei, die wie von einem anderen Stern wirken ("Corriere della Sera"), werden in den nächsten Jahren diese Sportart prägen wie die ganz Großen vor ihnen - außer Reichweite für die meisten anderen.
Wie groß waren die Bedenken nach künftig fehlenden epochalen Duellen, als Roger Federer und Rafael Nadal zurückgetreten und sie ihrem genialen Konkurrenten Novak Djoković abhandengekommen waren.
Ähnliches Stirnrunzeln gab es beispielsweise auch nach den Karriereenden von John McEnroe und Björn Borg. Für Alcaraz, der nun wieder die Nummer eins der Tenniswelt ist, gilt ebenso wie für Sinner: Beide pushen sich gegenseitig zu Höchstleistungen. Alcaraz ortete vor dem Finale, dass Sinner so fit wie noch nie scheine und er seine Topleistung über Stunden halten könne. Sinner dagegen äußerte nach der Finalniederlage von Paris 2025 gegenüber seinem Team, dass er einiges ändern wolle, um nicht mehr voraussehbar zu sein. Alles Voraussetzungen für neue Einträge in Rekordgeschichtsbücher, denn beide sind noch jung. Alcaraz ist mit 22 Jahren nach Borg mit sechs Major-Titeln der zweitjüngste Tennisprofi in der Open-Ära seit 1968. Sein Landsmann und Idol Rafael Nadal, der sich in den sozialen Medien unter den Gratulanten einreihte, war beim Erreichen der Marke nur ein paar Monate jünger. Aber Alcaraz denkt am wenigsten an diese Bestmarken: "Ich will meine eigene Geschichte schreiben, diese Rekorde machen nicht meine Motivation aus." Die deutsche Tennislegende Boris Becker meinte in einem Kommentar: "Er ist noch nicht am Ende, er ist gerade am Anfang." Es klang wie eine Drohung.
Für den 24-jährigen Sinner bleibt die Erkenntnis, dass die Jagd auf den Tennisthron im Herbst schon beginnen kann. Dann auch in Wien, denn den Veranstaltern rund um Herwig Straka ist der Sensationscoup gelungen, den Italiener für die Erste Bank Open im Oktober zu verpflichten. Das hat Straka wenige Stunden nach dem US-Open-Finale bekannt gegeben. Und Sinner, der Wien-Sieger von 2023, meinte in einer Videobotschaft: "Mir gefällt die Stadt und logischerweise auch das Turnier." Wie viel der Superstar gekostet hat, das bleibt ein Geheimnis. "Er kostet natürlich viel Geld, aber ich sehe es als Investition in die Zukunft", verriet Straka.