Ein Weltcupfinale steht immer für große Emotionen, verwirklichte oder geplatzte Lebensträume und Bilanzen, die über das Tagesaktuelle hinaus gehen. Doch recht viel mehr Emotionen als in diesem letzten Saison-Slalom der Herren kann man schon kaum mehr packen. Manuel Feller verpasste als Zweiter zwar hauchdünn den fünften Saisonsieg, feierte aber den Gesamtsieg im Slalom-Weltcup gewohnt emotionell und wurde im Moment des Triumphes sentimental: Den Erfolg widmete er einem vor einem Jahr verstorbenen Freund, dessen Namen er in den Schnee schrieb.
Für den aus dem nahe gelegenen Fieberbrunn stammenden Feller endete damit fast vor seiner Haustüre eine lange Reise, die sehr viele Enttäuschungen und Rückschläge parat gehalten hat. Noch im letzten August wollte er eine einjährige Auszeit einlegen, verriet er den SN vor dem Finale. Latente Rückenschmerzen und auch Motivationsfragen führten zu dem Entschluss, in diesem Winter ohne Großereignisse ein Jahr zu pausieren. Dann kam das Sommertraining in Chile und plötzlich war alles anders. "Der Spaß und die Freude waren zurück" und es war der Beginn seiner erfolgreichsten Saison. Die begann schon mit einem Sieg in Gurgl und endete ohne Ausfall. Die "Wundertüte" des heimischen Skisports war stabil geworden, Fellers Konstanz verblüffte seine Trainer und phasenweise ihn selbst.
Dass seine Karriere auch eine andere Wendung genommen habe, seit er Vater sei, nahm er selbst etwas überrascht zur Kenntnis. "So kann man es auch sehen", meinte er, aber Vaterschaft und Erfolge seien gekommen, als er älter wurde und stünden nicht in Zusammenhang. Stattdessen hat er seine eigene Erklärung, warum es jetzt so läuft. "Ich habe fast auf jedem Hang im Weltcup schon einen Blödsinn gemacht und ich weiß daher, wo ich riskieren kann und wo es keinen Sinn macht zu riskieren." Denn seine Bereitschaft, "volles Risiko zu gehen und brutal zu attackieren", sei nach wie vor seine größte Stärke.
Dass er nun den größten Erfolg seiner Karriere just daheim "mit so vielen Freunden, meiner Familie und all den Menschen, die mir wichtig waren", feiern kann sei großartig. "Wenn man ein Drehbuch schreiben müsste, man könnte es nicht besser schreiben." Dass er nun als Hoffnungsträger zur WM kommt, nimmt er gerne an. Auf dem Weg dorthin wird er in den nächsten Wochen wieder einen Urlaub auf Jamaika einlegen. "Aber jetzt wird einmal drei Tage durchgefeiert, denn auf diese Party habe ich jahrelang hingearbeitet", meinte Feller, der just von Innenminister Gerhard Karner motiviert wurde, die Sektflasche gleich bei der Siegerehrung zu öffnen - das ist im FIS-Protokoll so nicht vorgesehen.
Der letzte Slalom der Saison bestätigte auch die alte Weisheit, dass man Bilanzen erst nach dem allerletzten Lauf machen soll. Der Norweger Timon Haugan feierte einen (Premieren-)Sieg, der vieles verändert hat: Es wäre die erste Saison der Norweger im alpinen Weltcup seit dem Winter 1987/88 gewesen, in dem es keinen Herren-Sieg gegeben hätte - nach Kildes Verletzung, Braathens Abgang und Kristoffersens Rückschritt durchlebte der Verband eine schwere Zeit. Nicht nur das: Haugan bescherte auch Hirschers Skifirma Van Deer den ersten Saisonsieg.
Vor den Augen des verletzten Marco Schwarz kämpfte der Rest des heimischen Slalom-Teams um einen versöhnlichen Abschluss. Der gelang am ehesten noch Johannes Strolz (10.), der stolz darauf war, "in einer wieder sehr schwierigen Saison so ruhig geblieben zu sein und die richtigen Schlüsse gezogen zu haben". Michael Matt landete als 18. außerhalb der Punkte und grübelt weiterhin am Material, Dominik Raschner und Adrian Pertl fädelten ein.
Ihnen allen darf Fellers Reise als Inspiration gelten.