Manchmal erlebt man als Rennläufer auch mit 35 Jahren noch etwas Neues: Marcel Hirscher etwa entdeckt einen neuen Weltcuport, Gurgl stand noch nie in seinem Rennkalender. Dabei war es Freitag lange nicht klar, ob er tatsächlich bis ins hinterste Ende des Ötztals reisen würde. Denn der letztwöchige Slalom in Levi, bei dem er klar ersichtlich nicht ins Fahren gekommen war und den er als "reine Plagerei" bezeichnet hat, dürfte doch mehr Spuren hinterlassen haben. Freitagvormittag trainierte er noch auf der Reiteralm, dann erst entschied er sich zu einem Antreten. Die Tage zuvor hatte er in seinem Zweitjob als Jungunternehmer zu viele Termine gehabt und kam nicht zum Training.
Mit besten Erinnerungen an Gurgl kommt dagegen Manuel Feller zurück, eine breite Brust zeichnet aber auch ihn nicht aus. Im Vorjahr führte er hier einen ÖSV-Dreifachsieg (vor Marco Schwarz und Michael Matt) an. Es war der Start in seine bis dato beste Weltcupsaison, die mit der Slalom-Kugel gekrönt wurde. Genau umgekehrt lief es heuer: Auf den Ausfall in Sölden folgte auch im ersten Saisonslalom in Levi ein Ausfall. Der Speed sei in beiden Rennen da gewesen, bilanzierte Feller. "Ich habe nach Levi viele Nachrichten erhalten mit dem Tenor: Kopf hoch, es wird schon wieder. Aber ich kann nur sagen: Ich bin nicht in einer Formkrise, ich fühl mich gut und werde wieder voll angreifen, wenn ich am Start stehe." Allerdings mit einer gewissen "Renn-Intelligenz", wie er angesichts der Ausfälle anfügt. "Denn ich habe im Vorjahr auch nicht jedes Rennen mit Vollgas gewonnen." Das ÖSV-Team trainierte am Freitag noch bei Traumwetter und zweistelligen Minusgraden in Hochgurgl, trotz der tiefen Temperaturen soll es aber keine Eispiste geben.
Völliges Neuland betreten in Gurgl die Damen - zwar auf dem gleichen Hang, aber in einer eigenen Spur neben der Herren-Linie. Der Auftakt in Levi verlief für die ÖSV-Damen zweigeteilt, Katharina Liensberger landete auf dem Podium (2.), für den Rest "war es ein Griff ins Klo", wie es Katharina Truppe formuliert hat. Liensbergers Darbietung macht ihren Cheftrainer Roland Assinger zuversichtlich. "Ich glaube, wir können uns in Zukunft wieder viel mehr erwarten von ihr", meinte er. Auch dass es im internen Training ein Zugpferd gebe, an dem sich die anderen Athletinnen messen könnten, sei positiv. Liensberger sieht es entspannt. "Das jüngste Resultat ist zwar kein Garant für irgendetwas, aber ich freue mich auf das, was kommt."
Auf die nahe Zukunft darf sich speziell Slalom-Dominatorin Mikaela Shiffrin freuen, die in Gurgl den 99. Weltcupsieg ihrer Karriere anpeilt. Der würde ihr den 100er beim Heimrennen in Killington (USA) in einer Woche ermöglichen. "Aber darüber denke ich noch nicht zu viel nach."