In den Rücktritt eingeweiht waren nur seine Lebensgefährtin Fabienne und sein Zimmer-Kollege. "Bald kannst du dir einen neuen Mitbewohner suchen", sagte Abfahrer Christopher Neumayer zu Wochenbeginn in Kitzbühel zu Felix Hacker und der lächelte nur darüber. "Das glaube ich erst, wenn es passiert", antwortete Hacker.
Samstagmittag ist es passiert: Nach seinem besten Weltcup-Ergebnis − nämlich Rang zwölf in der Abfahrt von Kitzbühel − beendete der Radstädter völlig überraschend seine Karriere und verblüffte damit auch die Trainer. "Ich will einfach nicht mehr", meinte er hinterher im SN-Gespräch. "Die letzten drei Jahre waren zermürbend." Diese waren vor allem von Verletzungen und dem ewigen Kampf um ein Comeback geprägt. Dazu kam, dass Neumayer den Glauben verloren hat, dass die Trainer noch auf ihn setzen würden. "Wenn man darum kämpfen muss, dass man mittrainieren darf, wenn man am Sonntag immer warten muss, was nächste Woche passiert, ob man in den Weltcup oder in den Europacup geschickt wird, dann belastet das einfach."
Diese Saison hatte für Neumayer wie die letzte begonnen − eigentlich schon außerhalb des Teams. Neumayer trainierte auf eigene Kosten mit und kämpfte um seine Chance, die er aber all zu oft vermisst hat. Die Qualifikationen, im ÖSV-Trainerstab offenbar als Allheilmittel betrachtet, waren für ihn eher eine Knochenmühle. "Man weiß nicht, worauf man sich konzentrieren soll, ob es nun in den Europacup geht oder doch in den Weltcup." Das gilt sinngemäß auch für einige andere Fahrer, nach SN-Informationen steht auch Christian Walder vor dem Abgang aus dem Team.
Neumayers Karriere war nie von Glück verfolgt, an seinem letzten Wochenende macht er aber alles richtig. "Eigentlich wollte ich schon letztes Wochenende den Hut draufhauen und gar nicht nach Kitzbühel fahren, aber dann habe ich mir gedacht: Ich will noch mit einer richtig guten Fahrt aufhören." Im Training qualifizierte er sich mit Rang sechs für das Rennen, das er am Freitag nur auf Platz 27 beendete. Daher fuhr er die zweite Abfahrt am Samstag. "Freitagabend hatte ich im Bett das Gefühl, dass ich nach der letzten Fahrt jubeln kann." So kam es, Neumayer schwang als drittbester Österreicher hinter Babinsky und Kriechmayr ab. Ob da Wehmut aufkommt? "Überhaupt nicht. Ich freue mich jetzt auf ein neues Leben mit Frau und Kind."