Nachdem vor wenigen Tagen bereits norwegische Springer wie Daniel-André Tande, Anders Jacobsen und Johan Remen Evensen über bewusste Manipulationen gesprochen hatten, legte nun ein weiteres ehemaliges Teammitglied mit Enthüllungen nach. Fredrik Bjerkeengen, früher selbst als Springer im Continental Cup und danach als Anzugschneider für Norwegens Springer tätig, plauderte in der Zeitung VG über Manipulationen, die im Verband offenbar gang und gäbe gewesen sein sollen. So habe er 2021 bei einem Weltcupspringen in Zakopane (Polen) Holzleim auf die Anzüge geschmiert. Damit sollte erreicht werden, dass die Anzüge steifer werden und bessere Flugeigenschaften erlauben. "Die Anzüge haben alle Kontrollen bestanden", sagte der 36-jährige Bjerkeengen. Der bei der WM in Trondheim disqualifizierte Marius Lindvik hat damals in Zakopane gewonnen, sein Landsmann Robert Johansson war Dritter geworden.
Bei anderen Gelegenheiten hätten norwegische Springer mit Schienbeinschützern unter ihren Anzügen experimentiert. Laut Bjerkeengen habe der langjährige Sportchef Clas Brede Brathen über diese Vorgänge Bescheid gewusst. "Clas war dabei, als es passierte. Alles andere ist eine Lüge", sagte Bjerkeengen. Brathen, der seine Funktion vor dieser Saison abgegeben hat, hat bislang bestritten, von irgendwelchen Manipulationen gewusst zu haben.
Auch Marius Lindvik und Johan André Forfang, deren manipulierte Anzüge bei der WM den Skandal ins Rollen gebracht haben, wollen vor dem Springen auf der Großschanze von Trondheim von keinerlei unerlaubten Vorgängen gewusst haben. Skisprung-Legende Sven Hannawald ärgert sich. "Wie kann man so dreist sein und uns alle irgendwie gefühlt verarschen, indem man sagt, ich konnte nichts dafür? Wenn das so sein soll, dann sind es die zwei blindesten Springer auf der ganzen Welt."
Der WM-Gastgeber hatte bei Anzügen ein illegales steifes Band angebracht, das für mehr Stabilität nach dem Absprung sorgen soll. Die Version der norwegischen Springer stößt auf Unverständnis bei der Konkurrenz. "Warum würde man das machen, wenn man auf der Kleinschanze schon eine Goldmedaille gemacht hat? Das macht absolut keinen Sinn", sagte der frühere deutsche Weltmeister Severin Freund im ZDF.
