Dass man erst im fortgeschrittenen Alter zum echten Abfahrer reife, das gehört seit vielen Jahren zu einer der meisterzählten Geschichten im Skizirkus - die beim heurigen Saisonhöhepunkt komplett widerlegt wurde: Der erst 23-jährige Schweizer Jungspund Franjo von Allmen kürte sich in Saalbach zum Abfahrts-Weltmeister. Sein Mentor und langjähriger Europacup-Trainer Franz Heinzer hat hier 1991 Gold gewonnen - so schließt sich ein Kreis.
Franjo von Allmen setzte den unglaublichen Erfolgslauf der Schweizer in dem Winter fort und deutete zugleich mit seinem auch erst 25-jährigen Landsmann Alexis Monney (der Bronze geholt hat) einen Generationenwechsel an. Mit zweiten Plätzen in Gröden, Bormio und Wengen schob sich der Berner Oberländer heuer schon ins Rampenlicht, seinen ganz großen Coup in Form seines ersten Sieges hat er sich aber für die WM in Österreich aufgehoben. Wo er sich auch bei den Zuschauern bedankt hat. "So viele Gratulationen von den österreichischen Fans bei deren Heim-WM zu erhalten, das bewegt mich schon." Just von seinem Landsmann Marco Odermatt hat er sich die Linie abgeschaut, aber das eigentliche Erfolgsrezept war ein ganz einfaches. "Im Super G ist es nicht so gelaufen. Also habe ich mir gedacht, dass ich nichts zu verlieren habe, und wollte einfach nur mit Spaß Ski fahren." Spaß am Job - offenbar ein gutes Erfolgsrezept.
Spaß hatte endlich auch Vincent Kriechmayr: Im Ziel sah man ihn nach seiner Fahrt so befreit lachen wie selten in dem Winter zuvor. Der Oberösterreicher holte Silber und das war schon seine fünfte WM-Medaille. "Ich habe schon viel erlebt in meiner Karriere, aber das Publikum hier ist unglaublich", meinte der Oberösterreicher, der auch wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte. "Vor einer Woche wäre so eine Leistung noch nicht möglich gewesen. Danke daher an die Personen, die im Hintergrund rund um die Uhr gearbeitet haben. Sie haben einen sehr großen Anteil an diesem Silber."
Denn fast auf den Tag genau vor drei Wochen kam Kriechmayr in Wengen zu Sturz und zog sich eine Innenbandzerrung zu. Ein Comebackversuch in Kitzbühel kam zu früh, auch in Saalbach-Hinterglemm gab es noch Sorgen um einen WM-Start. Denn nach dem ersten Training am Mittwoch reagierte das Knie so stark, dass er auf das zweite Training verzichtete. Freitag gab es Rang vier im Super G und die Erkenntnis, dass das Knie in einem Rennen mitspielt - wenngleich sich Kriechmayr vor dem Rennen mit Injektionen gegen den stechenden Schmerz geschützt hatte. Kriechmayr wurde in dem Winter auch so etwas wie die Symbolfigur des ÖSV-Wellentals. Er war immer in Schlagdistanz zur Spitze. Sieg gab es keinen und er selbst ging mit sich überhart ins Gericht. Sein Lachen nach der Zieldurchfahrt verrät demnach, wie viel Last von ihm abgefallen ist.
Auch wenn bei einer WM naturgemäß nur die Medaillen zählen, so verdient dennoch auch das Resultat eine Erwähnung: Denn unter den besten neun Athleten lagen bis auf zwei Ausnahmen nur Fahrer aus der Schweiz (1. von Allmen, 3. Monney, 5. Odermatt, 8. Murisier) und aus Österreich: 2. Kriechmayr, 7. Daniel Hemetsberger, 9. Stefan Babinsky. Wie in allen Rennen bisher war das ÖSV-Team in WM-Form. Und wo es so viele Sieger gibt, muss es halt auch Verlierer geben: Marco Odermatt ging als großer Favorit ohne Medaille nach Hause. "Ich habe zwei Fehler gemacht, das war bei einem so starken Feld zu viel für eine Medaille."