Alles ist bereit für das große Finale in zwei Akten: Bei den Bewerben am Bergisel (Samstag, im SN-Liveticker) und in Bischofshofen (Montag) greifen Österreichs Skispringer nach dem ersten Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee seit zehn Jahren.
Die Dreifachführung durch Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Stefan Kraft verursacht bei den ÖSV-Adlern offenbar kein Nervenflattern, sondern beflügelt sie vielmehr. Der Halbzeitführende Tschofenig sieht in der Dominanz des Teams einen großen Vorteil: "Du kannst den Druck, der von außen kommt, ein bisschen aufteilen. Das nimmt schon ein bisschen Druck von den Schultern."
Gaudi statt Rivalität
Wie Rivalen wirken die drei an der Spitze sowie der ebenfalls starke Michael Hayböck (Dritter von Garmisch-Partenkirchen) gar nicht. Vielmehr zeigen die Österreicher der Konkurrenz demonstrativ trautes Zusammenleben im Quartier. Tschofenig erklärte: "Ich glaube, dass das Team so cool ist wie noch nie." Kollege Stefan Kraft ergänzt: "Wir haben a Riesen-Gaudi."
Angesichts solcher Lockerheit strecken die Gegner beinahe schon die Waffen. Auch die Mutmaßungen der vergangenen Tage über mögliche unerlaubte Tricks der Österreicher sind verstummt. Der Deutsche Karl Geiger, Achter in der Gesamt-Zwischenwertung, sagte zu den Spekulationen um einen "Wunderanzug" beim ÖSV-Team: "Ein Anzug ist noch nie von alleine geflogen. Es gehört immer auch noch ein guter Sprung dazu."
Am Samstag sollen 22.500 Fans im seit Tagen ausverkauften Bergisel-Stadion in Innsbruck die Österreicher zu großartigen Sprüngen motivieren. Aber nicht nur die gute Stimmung macht die Adler zuversichtlich, dass es zehn Jahre nach Stefan Kraft wieder mit einem Gesamtsieg bei der Tournee klappt. Auch die Statistik spricht für das rot-weiß-rote Trio, wie ein Blick in die Historie der traditionsreichen Vierschanzentournee belegt.
Aufholjagd kommt selten vor
Zwar hat es nach dem Wechsel aus den bayerischen Tourneeorten nach Österreich mitunter noch Um- und Abstürze in der Gesamtwertung gegeben. Extreme Aufholjagden sind aber die Ausnahme, wenn es um den prestigeträchtigen Sieg in der Vierschanzentournee geht. Was ein besonders gutes Omen für das österreichische Trio an der Spitze ist: Noch nie im neuen Jahrtausend konnte am Ende ein Springer triumphieren, der nicht schon zur Tourneehalbzeit unter den ersten drei gelegen war. Seit 1999/2000, als der heutige ÖSV-Cheftrainer Andi Widhölzl jubelte, allein 18 von 25 Halbzeitführenden schließlich auch in Bischofshofen den goldenen Adler für den Gesamtsieg entgegengenommen. Vier Mal war es der Zweit-, drei Mal der Drittplatzierte nach dem Neujahrsspringen.
Dass Platz eins nach zwei von vier Bewerben aber kein Ruhekissen ist, mussten auch ganz Große anerkennen: Noriaki Kasai qualifizierte sich 2001 in Bischofshofen nicht für den zweiten Durchgang und wurde auf Platz zwölf durchgereicht. Genau so erging es Gregor Schlierenzauer 2008 in einer nicht ganz regulären Regen- und Windlotterie auf der Paul-Außerleitner-Schanze.
Jahr | Sieger | Platz zur Halbzeit |
2024 | Kobayashi | 2 |
2023 | Granerud | 1 |
2022 | Kobayashi | 1 |
2021 | Stoch | 3 |
2020 | Kubacki | 3 |
2019 | Kobayashi | 1 |
2018 | Stoch | 1 |
2017 | Stoch | 1 |
2016 | Prevc | 1 |
2015 | Kraft | 1 |
2014 | Diethart | 1 |
2013 | Schlierenzauer | 2 |
2012 | Schlierenzauer | 1 |
2011 | Morgenstern | 1 |
2010 | Kofler | 1 |
2009 | Loitzl | 1 |
2008 | Ahonen | 2 |
2007 | Jacobsen | 3 |
2006 | Ahonen, Janda | 1, 2 |
2005 | Ahonen | 1 |
2004 | Pettersen | 1 |
2003 | Ahonen | 1 |
2002 | Hannawald | 1 |
2001 | Malysz | 2 |
2000 | Widhölzl | 1 |
Anm.: 2006 Ahonen und Janda Ex-Aequo-Sieger
Hörl Quali-Bester am Bergisel
In der Qualifikation am Freitag tankte vor allem Jan Hörl Selbstvertrauen. Der Vorjahressieger vom Bergisel setzte mit 135 Metern die klare Höchstweite. Hinter Johann Andre Forfang (NOR) und Gregor Deschwanden (SUI) platzierten sich mit Stefan Kraft, Daniel Tschofenig und Maximilian Ortner drei weitere Österreicher in den Top-Sechs. Insgesamt sind zehn ÖSV-Springer dabei, qualifiziert für den Samstag ist auch Manuel Fettner. Der Tiroler Team-Olympiasieger, der es nicht ins Tourneeaufgebot geschafft hatte, kam über den Continental-Cup wieder zurück und sprang auf Platz 15 - unglaubliche 24 Jahre nach seinem Tourneedebüt.