Die in den vergangenen Tagen bekannt gewordenen Todesfälle in den Salzburger Landeskliniken und im Krankenhaus Rohrbach im Zusammenhang mit kardiochirurgischen Notfällen bedürfen einer differenzierten Darstellung, abseits boulevardmedialer Zuspitzung. Beides sind zweifellos tragische Ereignisse. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die akutmedizinische Versorgung in Österreich grundsätzlich versagt hat.
Es stellt sich die Frage, wie viel Hochleistungsmedizin heute vorrätig gehalten werden muss, um alle Eventualitäten abdecken zu können. Handelt es sich um ein Systemversagen, wenn spezialisierte Herzzentren die Übernahme kritisch Kranker ablehnen müssen, weil eine zeitnahe Versorgung nicht möglich ist? Die Sterblichkeit einer akuten Aortendissektion vom Typ A steigt pro Stunde des Zuwartens um etwa zwei Prozent. Einen Patienten zu übernehmen, obwohl das operative Team bereits gebunden und somit eine zeitnahe Versorgung nicht möglich ist, wäre daher fahrlässig.
Vor diesem Hintergrund irritieren die öffentlichen Aussagen des Patientenanwalts Dr. Stefan Rieder. Seine Forderung nach einer "zweiten herzchirurgischen Dienstmannschaft" ist unrealistisch. Herzchirurgische Notfälle erfordern ein erfahrenes Team, Cardio-Anästhesisten, speziell geschulte Anästhesiepflege, Cardiotechnik sowie spezialisierte OP-Pflege. Eine solche Struktur zu verdoppeln, ist angesichts begrenzter personeller und finanzieller Ressourcen schwerlich vorstellbar. Ebenso unhaltbar ist der Vorschlag, ein Viszeralchirurg solle einen solchen Eingriff durchführen, wenn kein Herzchirurg verfügbar ist. Wer das fordert, unterschätzt die Komplexität derartiger Operationen massiv. Improvisation in der akuten Herzchirurgie ist nicht lebensrettend, sondern schlicht lebensgefährlich.
Hochspezialisierte Notfallversorgung gelingt nur mit Expertise, Teamkompetenz und geeigneter Infrastruktur. Populistische Forderungen nach doppelten Teams oder fachfremden Erstmaßnahmen sind gefährliche Illusionen.