Laut Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) verzeichnen die verhandelten Reallöhne hierzulande seit Dezember 2021 ein Plus von rund 0,6 Prozent. In Deutschland, Spanien und Italien hingegen liegen sie zwischen 3 und 8 Prozent unter dem Vorkrisenwert. Zwar seien in diesem Vergleich Einmalzahlungen in Deutschland nicht berücksichtigt, doch auch mit diesen Einmalzahlungen gäbe es in Deutschland noch keinen Reallohnzuwachs gegenüber 2021, erklärte Treml. Auch die aktuellen KV-Abschlüsse - etwa jene der Metaller oder Eisenbahner in Österreich, seien in den EZB-Zahlen noch nicht enthalten.
Reallohn-Wachstum trotz höherer Inflation
Schon seit Jahren würden Löhne und Gehälter gezahlt, die nicht erwirtschaftet würden, meint Treml. "Die Produktivität sinkt, die Arbeitszeiten sinken, die Inflation ist höher als anderswo - und trotzdem haben wir dieses Reallohnwachstum."
Nach dem KV-Abschluss der Metaller habe man große Hoffnung gehabt, dass die Metaller wie in der Vergangenheit richtungsweisend für andere Branchen sein würden. "Aber bei den Eisenbahnern hat man schon gesehen, die haben deutlich darüber abgeschlossen. Es ist leider zu erwarten, dass in Zukunft jeder wieder sein eigenes Süppchen kocht."
Seit Freitag ist nach Vorliegen der jüngsten Inflationszahlen fix, dass für die Handelsangestellten die KV-Erhöhung für 2026 neu verhandelt werden muss. Zwar sei das Lohnniveau im Handel niedriger als bei den Metallern und die Handelsangestellten deshalb wohl stärker von der Inflation betroffen, aber es gehe um das "Mindset", ruft Treml zu Lohnzurückhaltung auf.
Große Reformbrocken angehen
Neben der Lohnpolitik sieht die Agenda Austria auch strukturelle Probleme, die die Inflation hoch halten würden. "Die großen Brocken - Energie, Dienstleistungen - geht man nicht an. Statt Reformen setzt man auf Preisbremsen und Eingriffe, die am Ende kontraproduktiv sind", kritisierte Treml. Preisdeckel wirkten wie ein "Wundermittel", verschärften aber die Probleme, sobald sie ausliefen. Gerade im Energiebereich gebe es großes Potenzial, etwa durch Privatisierungen oder Zusammenlegungen.
Auch bei den Pensionen vermisst die Ökonomin tiefgreifende Reformen. "Wir brauchen ein höheres Antrittsalter und ein flexibles Modell, das die steigende Lebenserwartung abbildet. Mit geringeren Erhöhungen retten wir uns nur kurzfristig über die Runden."