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Bio-Konsum in Österreich 2022 leicht eingebrochen

Das Geschäft mit Bio-Lebensmitteln im Einzelhandel hat sich im vergangenen Jahr gegenüber der Teuerung weitgehend als robust erwiesen. Zwar kauften die Menschen in Österreich 2022 weniger Bio-Produkte als im Jahr zuvor, aber immer noch mehr als vor der Corona-Pandemie, wie aus aktuellen Daten der AMA-Marketing hervorgeht. Bio bleibe hierzulande eine Erfolgsgeschichte, betonte dazu Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) am Rande der Messe "Biofach" in Nürnberg.

Bio-Konsum in Österreich zuletzt leicht gesunken
Bio-Konsum in Österreich zuletzt leicht gesunken

Mit einem Minus von 3,5 Prozent bei der verkauften Menge ebbte der Bio-Boom der jüngeren Vergangenheit zuletzt erstmals ab. Die Verkaufsmenge ging 2022 auf gut 212.000 Tonnen zurück, nachdem in den Vorjahren jeweils stetige Anstiege verzeichnet worden waren. So lag die abgesetzte Menge im heimischen Lebensmitteleinzelhandel 2017 noch bei rund 138.000 Tonnen, ehe sie 2019 auf 161.000 und 2020 auf 190.000 Tonnen sprang. Nach einer weiteren kräftigen Erhöhung wurde dann im Jahr 2021 mit rund 220.000 Tonnen vorerst ein Plateau erreicht.

Am Gipfel sei man damit trotz des jüngsten Konsumdämpfers noch nicht angekommen, gab sich AMA-Marketing-Chefin Christina Mutenthaler mit Blick in die Zukunft optimistisch. Sie verwies dabei auf eine aktuelle Motivanalyse der AMA, wonach sich das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Tierwohl gerade bei jüngeren Generationen immer stärker verankert. "Bio ist gekommen, um auch weiterhin zu bleiben", bekräftigte sie am Donnerstag bei einem Pressegespräch.

Umsatzseitig erfreute sich der Handel bei Bio-Produkten indes weiterer Zuwächse, der gesamte Verkaufswert (ohne Brot und Gebäck) von Bio-Waren in Österreich kletterte gegenüber 2021 nominal um 3,7 Prozent nach oben. Geschuldet ist das Umsatzplus jedoch dem enormen Preisschub, inflationsbereinigte Zahlen lagen laut Mutenthaler nicht vor.

Bio-Austria-Chefin Gertraud Grabmann sah darin dennoch "ein beachtliches Ergebnis" und strich hervor, dass die Teuerung im Bereich von Bioprodukten geringer ausgefallen ist als bei konventionellen Waren. Nach aktuellen Roll-AMA-Daten belief sich die durchschnittliche Preissteigerung bei Bio 2022 auf 7,5 Prozent, wogegen sich laut AMA-Erhebung (kein VPI-Wert, Anm.) die konventionellen Lebensmittelpreise um 11,5 Prozent erhöhten. "Bio wurde damit zur Inflationsbremse im Lebensmittelbereich", meinte die Bio-Austria-Obfrau.

Beim Bio-Anteil im Lebensmitteleinzelhandel ergab sich im vergangenen Jahr mit 11,5 Prozent (2021: 11,3 Prozent) ein neuer Rekordwert. Zurückzuführen ist dieser vor allem auf Preissteigerungen bei biologischem Fleisch und Geflügel, dessen relativer Anteil gegenüber konventioneller Ware von 6,2 auf 7,2 Prozent wuchs. In Bezug auf die restlichen Warengruppen gab es 2022 wenig Verschiebungen. Die Konsumentinnen und Konsumenten griffen wie schon in den Jahren davor besonders zu biologischer Milch (29,5 Prozent) und Joghurt (26,4 Prozent) sowie zu Frischgemüse (22,5 Prozent). Etwas gesunken ist der Anteil bei Kartoffeln (nunmehr 22,1 Prozent) und Eiern (20 Prozent).

Österreich gilt bei der Bio-Produktion international als Vorreiter. So handelt es sich bei mehr als einem Fünftel aller heimischen Höfe um biologische geführte Betriebe und 27 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen werden biologisch bewirtschaftet. Zum Vergleich: Laut dem Schweizer Forschungsinstitut FIBL belief sich der weltweite Anteil der Bioflächen 2020 auf etwa 1,6 Prozent. Vor Österreich lag nur Liechtenstein mit einem Flächenanteil von 41,6 Prozent.

Darauf gelte es nun aufzubauen, sagte Totschnig, der eine Ausweitung des Bio-Flächenanteils auf 35 Prozent bis 2030 als Ziel ausgab. Wichtige Impulse in diese Richtung erwartet sich der Politiker unter anderem durch das "Aktionsprogramm Biologische Landwirtschaft" sowie weiteren Maßnahmen auf europäischer Ebene, beispielsweise der "Farm to Fork Strategie", die unter anderem eine Begrenzung des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft vorsieht.

Totschnig hob zudem die Bedeutung des EU-Binnenmarkts hervor, der sich für den Standort als besonders förderlich erweise: "Bio-Produkte aus Österreich sind ein Exportschlager." Der konkrete Exportanteil ist allerdings eine Unbekannte. Die AMA Marketing führt laut eigenen Angaben keine Erhebungen zum entsprechenden Außenhandel durch. Ein Kenner der Branche schätzt gegenüber der APA, dass das Verhältnis näherungsweise ausgeglichen ist, sprich gut die Hälfte aller biologischen Erzeugnisse exportiert und in etwa eine Hälfte in Österreich verzehrt wird.

Auf der weltgrößten Bio-Messe "Biofach" sowie der angrenzenden Naturkosmetikmesse Vivaness in Nürnberg werden bis Freitag etwa 2.950 Aussteller aus mehr als 90 Ländern erwartet. Auch Österreich ist heuer in Halle 1 wieder prominent vertreten. Dort buhlen unter dem Dach der Außenwirtschaft der Wirtschaftskammer (Advantage Austria) gut 50 Unternehmen um die Aufmerksamkeit der zahlreich erschienenen Messegäste. Über das Gelände verteilt gesellen sich dazu noch in etwa 30 weitere heimische Einzelaussteller.

Vor Ort und Stelle ist etwa der Waldviertler Kräuterspezialist Sonnentor, der heuer sein 35-jähriges Firmenjubiläum feiert und bereits zum 34. Mal bei der Bio-Messe zugegen ist. Flächenmäßig fällt dessen Auftritt trotz Jahrestags etwas kleiner aus. An den Folgen der Inflation liege das aber nicht, hieß es beim APA-Lokalaugenschein auf Nachfrage. "Wir sind ein resilientes Unternehmen", erklärte Sonnentor-Geschäftsführerin Manuela Raidl-Zeller, die dennoch einräumt, dass das Unternehmen - wie alle anderen Betriebe auch - die Teuerungswelle zu spüren bekommen hat. Im laufenden Geschäftsjahr erwarte man einen Umsatzeinbruch im einstelligen Prozentbereich, so Raidl-Zeller.

Generell sind die heimischen Ausstellerinnen und Aussteller trotz der momentanen Schwierigkeiten positiv gestimmt. Man reiche die erhöhten Kosten soweit als möglich an Kunden weiter, die Rückgänge beim Bio-Konsum seien nur temporär, lautet der beinahe einhellige Tenor an den Ständen der Unternehmen. So auch beim Wiener Delikatessen-Hersteller Staud's, dem zweitgrößten Marmeladen-Produzenten Österreichs. Man habe zwar den Eindruck gewonnen, dass derzeit besonders bei Luxuswaren wie jenen von Staud's gespart werde. Für das Unternehmen würden sich die Einbußen jedoch in Grenzen halten. Überhaupt gelassen nimmt es der Geschäftsführer von Goodmills Österreich, Peter Stallberger: "Gegessen muss ja trotzdem werden."

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