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Das neue Maß der Kurzarbeit

Seit 1. Oktober gibt es weniger Staatshilfe und mehr Einschränkungen für Kurzarbeit. Just dann, wenn der Bedarf wieder steigt.

In bestimmten Industriesektoren brechen die Aufträge ein.
In bestimmten Industriesektoren brechen die Aufträge ein.

In der Coronapandemie war die Kurzarbeit das wichtigste - und mit Abstand teuerste - staatliche Hilfsinstrument für Betriebe und Beschäftigte. Mit 30. September war endgültig Schluss mit den zunächst großzügigen und zuletzt immer restriktiveren Hilfen für Unternehmen, die mit Auftragseinbrüchen zu kämpfen hatten. Seit Sonntag gilt ein neues Kurzarbeitsmodell, auf das sich die Sozialpartner vor Wochen geeinigt haben und das in den Grundzügen an die Bestimmungen vor Corona anschließt.

Windhager und andere Unternehmen nutzen Kurzarbeitshilfen

Einige wenige Anträge sind laut Arbeitsmarktservice (AMS) österreichweit bereits eingegangen. Der Salzburger Heizungsbauer Windhager will das neue Modell jedenfalls nutzen. Das Unternehmen ist eines von einem Dutzend, die 2023 noch Kurzarbeitshilfen erhalten haben. Die Nachfrage nach Pellets-Heizkesseln war heuer regional wegen geplanter Gesetzesnovellen um 40 Prozent eingebrochen. 160 von 400 Beschäftigten werden in den nächsten drei Monaten nur 50 Prozent der Zeit arbeiten bei 88 Prozent des Bruttogehalts.

Kurzarbeit: Lob und Kritik

Geschäftsführer Stefan Gubi hält das Modell Kurzarbeit grundsätzlich für sehr gut und "wüsste auch kein anderes, das es möglich macht, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu halten". Kritisch sei aber, dass die Förderungen nur noch halb so hoch seien wie während der Pandemie. Und dass Unternehmen erst Mitte Dezember wissen werden, ob sie tatsächlich grünes Licht für Kurzarbeit bekommen. Das sei "ein erhebliches Risiko", sagt Gubi. Der Heizungsbauer hat noch dazu eine Vereinbarung getroffen, dass die Lohnausfälle aus der Kurzarbeit zu 100 Prozent ausgeglichen werden - wenn die Geschäfte wieder laufen.

AMS arbeitet an beschleunigter Kurzarbeitsunterstützung

Laut AMS, das die wirtschaftlichen Voraussetzungen prüft und die Beihilfen abwickelt, werden die Betriebe "so rasch wie möglich" verständigt, ob sie eine Chance auf Unterstützung haben. Die Umstellung der IT sei aber sehr anspruchsvoll und brauche daher mehr Zeit, heißt es aus der Zentrale in Wien. Ursprünglich sei Kurzarbeit geschaffen worden, um Firmen bei unvorhergesehenen und vorübergehenden Schwierigkeiten zu helfen, betont Jacqueline Beyer, Geschäftsführerin des AMS Salzburg, das Anträge genau prüfen will. Die breite Anwendung in der Coronakrise sei aus der Not entstanden. Allein in Salzburg seien in 9800 Firmen mit 805 Mill. Euro 107.000 Arbeitsplätze mit Kurzarbeit gerettet worden. Zum Vergleich: In den 14 Jahren davor gab es im Bundesland nur 99 Fälle von Kurzarbeit.

Budgetsorge in Zeiten der Rezession

Wie groß der Run auf Kurzarbeit angesichts der sich abzeichnenden Rezession in der Industrie sein wird, will niemand prognostizieren. Das AMS verweist auf andere Methoden, Engpässe zu überbrücken, etwa mit - geförderter - Bildungskarenz. Sollten einige sehr große Betriebe etwa in Oberösterreich oder der Steiermark Kurzarbeit beantragen, könnte das vorgesehene Budget von 20 Mill. Euro bis Ende 2024 knapp werden, erwartet Beyer. Das fürchtet man auch in der Wirtschaftskammer (WKO), "angesichts des eklatanten Einbruchs in manchen Wirtschaftsbereichen". Es sei aber wichtig, "dass alle Unternehmen, die die Voraussetzungen erfüllen, auch tatsächlich unterstützt werden, damit sie ihre Beschäftigten halten können".

Windhager-Chef Gubi will seine Mitarbeiter nicht verlieren. Denn sobald die politischen Entscheidungen über das Erneuerbare-Wärme-Gesetz und Heizungsförderungen in Deutschland gefallen sind, rechnet er wieder mit hoher Nachfrage nach Biomasseheizungen.

Arbeitsmarkt stabil, Zulauf zur Lehre


320.760


Die Zahl arbeitsloser Personen
und Schulungsteilnehmer stieg im September österreichweit gegenüber 2022 um 14.601 oder 4,8 Prozent auf 320.760. Das sei "der höchste Anstieg heuer", sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Laut AMS gibt es 251.844 Arbeitslose, ein Plus von 6,1 Prozent. Damit erhöhte sich die Arbeitslosenquote um 0,3 Punkte auf 5,9 Prozent. Für Wirtschaftsminister Martin Kocher sei der Arbeitsmarkt damit "erstaunlich stabil" und trotze der schwierigen Lage.


Männlich


Vor allem Männer waren
von der Zunahme der Arbeitslosigkeit betroffen, hier war der Anstieg mit +6,4 Prozent doppelt so hoch wie bei Frauen. Das hängt zusammen mit den meistbetroffenen Branchen wie Bau und Industrie. Kräftig zugelegt hat die Arbeitslosigkeit auch im Gesundheits- und Sozialwesen sowie bei Ausländern.



Salzburg


Länder mit viel Industrie
wie Oberösterreich (+7,5 Prozent) und die Steiermark (+6,2) verzeichneten die höchsten Anstiege bei der Arbeitslosigkeit. Nur in Tirol war die Zahl der Beschäftigungssuchenden rückläufig (-2 Prozent). Zusammen mit Salzburg hat Tirol auch die niedrigste Arbeitslosigkeit mit (vom AMS geschätzten) 3,3 Prozent.


Lehrlinge


32.911 junge Menschen
haben im September eine Lehre begonnen, ein Plus von 1,8 Prozent zum Vorjahr - für Kocher ein Signal im Kampf gegen Arbeitskräftemangel. 11.000 offenen Lehrstellen stehen 8200 Lehrstellensuchende gegenüber. Immer mehr Mädchen drängen in technische Berufe.



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