"Aufgrund der anhaltend hohen Erzeugerpreisinflation wird sich der Verbraucherpreisauftrieb in den kommenden Quartalen weiter beschleunigen", so der Autor des aktuellen Wifo-Konjunkturberichtes, Christian Glocker. Die Weltwirtschaft expandiere zwar weiterhin, das Wachstum verliere jedoch an Schwung. Die Abkühlung der Weltkonjunktur - eine unmittelbare Folge des anhaltend hohen Preisauftriebs und gestörter Lieferketten - bestimmt auch in Österreich den weiteren Wachstumspfad. Im zweiten Quartal wuchs Österreichs Wirtschaft um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal, in dem es wiederum ein ähnliches Wachstum gegenüber dem letzten Vierteljahr 2021 gegeben hatte.
Die Vorlaufindikatoren deuten allerdings auf eine Verlangsamung der Konjunktur im zweiten Halbjahr hin. Der Wifo-Konjunkturklimaindex lag im August deutlich unter dem Niveau des Vormonats, wenn auch noch im positiven Bereich und über dem langjährigen Durchschnitt. Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex ging im August im Vormonatsvergleich ebenfalls zurück und zeigt mittlerweile eine abnehmende Aktivität in der Industrie an. Auch das geringe Verbrauchervertrauen trübt die Aussichten.
Die Beschäftigung wachse aber nach wie vor kräftig. Im August gibt es voraussichtlich ein Plus von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Das ist eine Nachwirkung des Wachstums in den ersten sechs Monaten heuer - die Dynamik lässt nach.
Ein sehr dunkles Bild von der weiteren Wirtschaftsentwicklung malte indes der Präsident der IV Steiermark in der "Kleinen Zeitung" (Freitagsausgabe). Auf die Frage, ob eine Rezession noch vermeidbar ist, sagt Stefan Stolitzka: "Nein, mit Jänner wird die gesamte Dramatik erst wirklich sichtbar werden. Wir stehen hier aus meiner Sicht an einem Wendepunkt. Wir werden in eine Rezession kommen, auch die Situation am Arbeitsmarkt wird sich dann leider anders darstellen."
Als Beispiel, wie die Energiekosten die Unternehmen treffen, zog Stolitzka die immens energieintensive Papierindustrie heran und rechnete vor, dass dort "der Anteil der Energiekosten zu den gesamten Herstellungskosten in Normalzeiten bei 10 bis 15 Prozent" liege. "Der Anteil ist heuer bereits auf 50 Prozent gestiegen - und liegt mittlerweile bei 80 Prozent. Da kann sich jeder Mensch vorstellen, dass sich ein Produkt bei dieser Kostenentwicklung nicht mehr absetzen lässt." Diese Preise könne man nicht weitergeben.
Es handle sich um ein europäisches Problem, so der Industrie-Vertreter gegenüber der "Kleinen". "In Nordamerika, in Indien sind die Produktionskosten aufgrund der Energiepreise teilweise um den Faktor 10 bis 15 niedriger. Das macht die Brisanz aus, weil wir ja in einem weltweiten Wettbewerb stehen." Man sehe "jetzt schon wirklich dramatische Situationen bei unseren Unternehmen".
Kritik an der Regierungspolitik kam von Stolitzka rund um die Kurzarbeit. Dabei "wird es der Industrie derzeit nicht leicht gemacht". Er dankte der Politik zwar "für die einfache Abwicklung der Kurzarbeit am Anfang der Pandemie (...) Doch dieses Kurzarbeitsmodell gilt so heute nicht mehr und man will es politisch eigentlich auch gar nicht mehr, weil ohnehin in vielen Bereichen Personal fehlt". Aber das sei viel zu kurz gedacht.