Der Spitzengewerkschafter verwies auf die konjunkturellen Effekte von Kollektivvertragsabschlüssen, vor allem wenn in Niedriglohnbereichen - etwa im Dienstleistungssektor - die Lohnerhöhung wieder komplett in den Konsum fließt. "Löhne sind der Motor für den Aufschwung." Österreichs Wirtschaft war 2023 und 2024 in der längsten Rezession der Nachkriegsgeschichte, für 2025 wird ein minimales Wirtschaftswachstum von 0,0 bis 0,2 Prozent prognostiziert.
vida: Sozialversicherung und Gemeinden spüren niedrige KV-Abschlüsse
Auch Wirtschaftsforscher sehen die Herbstlohnrunde differenziert. Auf andere Branchen könne man den Abschluss der Metaller allerdings nicht eins zu eins übertragen, hatte WIFO-Ökonom Benjamin Bittschi im Ö1-"Morgenjournal" des ORF-Radios am Dienstag gesagt. So seien etwa die Mindestlöhne im Handel deutlich niedriger und die Betroffenheit von der Inflation stärker. Der Lohnabschluss in der Metallindustrie deutlich unter der rollierenden Inflation dürfte nach Ansicht des von Bittschi tausende Arbeitsplätze gerettet haben.
Der vida-Chef warnte vor finanziellen Auswirkungen für die Sozialversicherung und die Gemeinden durch niedrige Lohnabschlüsse, weil dadurch die SV-Beiträge und Kommunalsteuern weniger stark steigen. "Wenn wir hier auf die Bremse steigen, gefährden wir das ganze Land", warnte Hebenstreit.
Metaller-KV-Abschluss bremste Bahn-KV-Verhandlungen
Die Gewerkschaft vida vertritt Beschäftigte in den Bereichen Dienstleistungen (u.a. Handel/Lagerwesen, Frisiersalons, Kosmetik, Fußpflege), Eisenbahn, Gebäudemanagement, Gesundheit, Luft- und Schiffverkehr, Soziale Dienste und Straße.
Am Montag starteten neben der Metaller-Lohnrunde auch die KV-Verhandlungen für die 55.000 Beschäftigten bei den österreichischen Eisenbahnen. Die Verhandlungen hätten konstruktiv begonnen, aber nach dem Bekanntwerden des Metaller-KV-Abschlusses deutlich unter der rollierenden Inflation sei die Stimmung auf Arbeitgeberseite umgeschwenkt, sagte der Vorsitzende des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida, Gerhard Tauchner, bei der Pressekonferenz. Man sei "ziemlich entsetzt", was am Montag passiert sei, weil man bei Vorgesprächen mit dem KV-Abschluss "fast fertig gewesen" sei. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 1. Oktober angesetzt.
KV-Verhandlungen auch für Handelsarbeiter, Fluglotsen und Bewachung
Für die rund 350 Fluglotsinnen und Fluglotsen der Austro Control, die alle Starts, Landungen und Überflüge abwickeln, starteten die KV-Verhandlungen Anfang September. Die Gewerkschaft fordert die Abgeltung der Jahresinflation 2025 plus "einen fairen Anteil am massiv gestiegenen Luftverkehrsaufkommen". "Die Performance der Fluglotsinnen und -lotsen ist trotz Personalmangel außerordentlich gut. Wir sind aber längst an unseren Kapazitätsgrenzen angelangt", sagte der Vorsitzende des vida-Fachbereichs Luftfahrt, Daniel Liebhart. Derzeit würden österreichweit 80 Lotsen fehlen.
Am 3. November beginnen die KV-Verhandlungen für die Handelsarbeiterinnen und Handelsarbeiter. Rund 150.000 Beschäftigte arbeiten in den Lagern und der Logistik des Handels. "Nach dem Lohnverzicht im Vorjahr brauchen sie einen Reallohnzuwachs", forderte die Vorsitzende des vida-Fachbereichs Dienstleistungen, Christine Heitzinger.
Mit dem Eurovision Song Contest im Mai 2026 in Wien rücken auch die Arbeitsbedingungen in der Security-Branche in den Fokus. "Gerade in einer Branche mit einem Bruttomindestlohn knapp über 2.100 Euro muss klar sein: Löhne rauf - und zwar für alle Lohngruppen", forderte vida-Chef Hebenstreit. Die KV-Verhandlungen für die Bewachungsbranche starten am 23. Oktober.