Um junge Frauen für die IT-Branche zu begeistern, müsse man bereits im Kindesalter ansetzen, findet Maria Pernegger, Initiatorin von CoderDojo Steyr, einem kostenlosen Programmierklub für Kinder und Jugendliche. Kinder bekämen bereits früh vermittelt, welche Berufe "typisch männlich" oder "typisch weiblich" sind. "Wenn Mädchen 14 Jahre lang so sozialisiert werden, hilft auch kein Girls' Day", so Pernegger. Der Girls' Day ist ein jährlich stattfindender Aktionstag, der junge Frauen motivieren soll, technische und naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen. Hier brauche es mehr institutionelle Angebote, die bereits im Kindesalter den Grundstein legen und auch "bildungsferne" Schichten erreichen, sagt Pernegger. Viele Angebote wie "Kinderunis" würden sich derzeit eher an ohnehin "bildungsaffine" Schichten richten. Zudem brauche es mehr sichtbare weibliche Vorbilder in der Branche.
Das Geschlechterungleichgewicht in der IT-Branche könne nicht von heute auf morgen überwunden werden. Eine kurzfristige Lösung bestehe darin, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Frauen gerne bleiben. Oft sei die Vereinbarkeit mit der Familie nicht gegeben und manchmal entwickle sich in männerdominierten Branchen eine Eigendynamik, bei der die Frauen auf der Strecke bleiben, so Pernegger.
Eine weitere Stellschraube im Kampf gegen den Fachkräftemangel sei die Senkung der Abbruchquoten bei Studien der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). "Seit Jahren beobachten wir eine besorgniserregende Dropout-Quote an den Universitäten und Fachhochschulen im IKT-Bereich", so Zandonella. "Die Studierenden, die abbrechen, sind genau die IT-Expertinnen und -Experten, die den Unternehmen am Ende fehlen." Laut Erhebungen des Kärntner Instituts für Höhere Studien (KIHS) habe die Zahl der Studienabbrecher im Informatikbereich zwar leicht abgenommen, aber liege bei IKT-Bachelorstudien (42,6 Prozent) und bei IKT-Masterstudien (47,7 Prozent) noch deutlich über dem Durchschnitt aller Studiengänge von 37,5 Prozent.
Die höhere Abbruchquote im Masterstudium könnte zumindest teilweise darauf zurückzuführen sein, dass Masterstudierende ihr Studium abbrechen, um direkt in den Beruf einzusteigen. Anders verhält es sich bei den Bachelor-Abbrechern, die dem IT-Sektor häufig ganz verloren gehen. Ein interessantes Detail ist auch, dass die Fachhochschulen mehr IT-Absolventinnen und -Absolventen hervorbringen als die Universitäten, obwohl sie mit rund 7.120 eingeschriebenen Personen in IKT-Studiengängen deutlich weniger Studierende aufweisen als die Universitäten mit rund 18.000 Personen. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Generell sei die Datenlage schwach, wenn es um die Motive der Studienabbrecher geht, so UBIT-Obmann Alfred Harl.
Der Fachverband fordert daher, die Ausbildung im IT-Bereich so umzugestalten, dass die Abbruchquoten sinken. Bereits eine Senkung um 10 Prozent, also gut 2.000 Abbrecher weniger, die dann der IT-Branche zur Verfügung stünden, würde zu einem Wertschöpfungszuwachs von 350 Mio. Euro führen. Geht es nach dem Fachverband müssen auch rasch alternative Wege in die IT gefördert werden, wie die IT-Lehre oder duale Ausbildungen für Maturantinnen oder Studienabbrecher. Ein Fokus müsse zudem am Ausbau der informatischen Grundbildung ab der Volksschule samt Reform der Berufsberatung in weiterführenden Schulen liegen. Eine weitere Stellschraube sei Anreize für Arbeit im Pensionsalter zu schaffen.
Seit sieben Jahren bringt der Fachverband UBIT einen IKT-Statusreport zur Ausbildung und Beschäftigtenlage in der IT-Branche heraus. Dieses Jahr wurde der Bericht wieder mit dem Kärntner Institut für Höhere Studien erstellt. Heuer enthält der Report erstmals einen Vergleich von ausgewählten OECD-Staaten. 2020 betrug der Anteil von IKT-Studien am gesamten Studienangebot unter den 16 betrachteten Ländern 4,5 Prozent (2014: 3,8 Prozent). Diese Anteile reichten von 1,9 Prozent in der Türkei bis zu 8,1 Prozent in Israel, 9,9 Prozent in Finnland und 10,1 Prozent in Estland. Österreich liegt mit 5,4 Prozent im Mittelfeld. "Diese Zahlen zeigen die Herausforderungen, vor denen Österreich steht, um zu den IT-Spitzenreitern aufzuschließen", sagte Studienleiter Norbert Wohlgemuth vom KIHS.