Die Teilnahme Melonis wurde der APA aus sicherer Quelle bestätigt. Der Besuch kommt einigermaßen überraschend, zuletzt hatte es aber einige Gerüchte und Hinweise gegeben. Bundeskanzler Stocker soll die Ministerpräsidentin beim Treffen im Juli in Rom zu dem BBT-Festakt für den "historischen Meilenstein" "eingeladen" haben. Offiziell angekündigt worden war Meloni bisher nicht.
Tiroler Werben bei EU-Kommissar
Im Dauerstreitthema Transit - Italien hatte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen der Tiroler "Notmaßnahmen" bzw. Lkw-Fahrverbote eingebracht - wird es abseits von salbungsvollen Worten und Freude über die bautechnische "Großtat" vor allem abseits der Kameras und Mikrofone wohl zur Sache gehen und es zu einem inoffiziellen Gipfel kommen. Dies zeigt allein der Blick auf das "Vorprogramm": Denn bevor es zu dem Festakt auf dem Parkplatz vor dem Plessi-Museum an der Brennerautobahn (A13) in der Gemeinde Brenner auf Südtiroler Seite geht, steht im Innsbrucker Landhaus ein "Verkehrstermin" am Programm. Gegen 9.00 Uhr kommt es zu einem Gespräch, an dem unter anderem Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) auf einen hohen Gast aus Brüssel treffen: EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas. Im Anschluss daran waren auch Medienstatements vorgesehen. Unklar blieb vorerst noch, ob auch Kanzler Stocker in Innsbruck zugegen sein wird oder gleich direkt gen Brenner unterwegs ist. Offenbar sicher nicht bereits in der Tiroler Landeshauptstadt dabei sein werden Meloni und ihr Verkehrsminister und Transit-"Hardliner" Salvini, der die zur Entscheidung anstehenden Transit-Klage federführend vorangetrieben hatte.
Wegweisende Transit-Entscheidungen oder gar ein "Durchbruch" waren indes nicht zu erwarten. Ebenso wenig wie klare Aussagen des Kommissars zu den Tiroler Maßnahmen - angesichts des laufenden Klagsverfahrens vor dem EuGH. Für die Tiroler-Spitze rund um Mattle geht es vor allem darum, bei Tzitzikostas die Werbetrommel zu rühren. Wohlwollendes Hinhören und Dialogbereitschaft wären aus Tiroler Sicht wohl schon ein Erfolg. Zumindest einen "Eklat" wie beim Besuch der damaligen EU-Verkehrskommissarin Adina Valean im Februar 2020 sollte es nicht geben. Diese hatte dabei gegen die Tiroler Lkw-Fahrverbote Stellung bezogen.
"Um Tirol zu entlasten, brauchen wir die Unterstützung aus Wien und Brüssel. Deshalb werde ich die Gespräche mit dem EU-Verkehrskommissar nützen, um für Verständnis zu werben und einen Verbündeten für die Verlagerung auf die Schiene und das Slot-System zu gewinnen", spielte Mattle gegenüber der APA etwa auf das System der buchbaren Lkw-Fahrten auf der Brennerstrecke an, für das ein Staatsvertrag zwischen Österreich, Deutschland und Italien nötig wäre. Auch eine mögliche "Verlagerungspflicht" stand immer wieder im Raum - detto die Notwendigkeit von "Tempo" bei der stockenden, nördlichen BBT-Zulaufstrecke, auf das der Landeschef wohl auch pochen wird.
Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) ortete indes im donnerstäglichen "Durchbruch" am Brenner auch möglicherweise einen "Aufbruch für neue Transit-Gespräche mit Italien". Zumtobel will bei den Gesprächen "klare europäische Regelungen" einmahnen, damit der Basistunnel letztlich auch "mit Güterzügen" gefüllt werde.
Hanke redet mit Salvini
Verkehrsminister Hanke dürfte indes auch kurz mit Salvini zu einem persönlichen Gespräch zusammentreffen. Mit der EU-Kommission gelte es zu erörtern, wie wichtig für Österreich die "Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist", teilte Hanke der APA im Vorfeld mit: "Der Brennerbasistunnel ist ein Ausdruck dieser Bestrebungen." Hier brauche es auch Unterstützung auf EU-Ebene, um die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit solche Infrastrukturprojekte "künftig ihre volle Kapazität ausschöpfen können." Dies betreffe etwa den "Terminalausbau oder die Umsetzung der wichtigen BBT-Zulaufstrecken." Aus Deutschland hatte sich - zumindest bisher - kein offizieller Vertreter angesagt.
"Zwei Leben" für Erkundungsstollen", großer Festakt
Für keine kontroversen Debatten wird jedenfalls der eigentliche Anlass des Treffens kommenden Donnerstag sorgen: Die Erkundungsstollen-Durchschlagsfeier für das Mammutprojekt, die ab 13.00 Uhr über die Bühne gehen wird. Inklusive eines "Runden Tisch", an dem auch Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) teilnehmen wird, Grußworten der Ehrengäste sowie einer "Live-Schaltung" zur Durchschlagsstelle im Erkundungsstollen unter dem Brenner und anschließender Tunnelbesichtigung auf österreichischem Boden.
Der Erkundungsstollen des BBT verläuft auf einer Länge von 57 Kilometern parallel zu den Hauptröhren auf tieferer Lage. Mit fünf bis sechs Metern Durchmesser ist er deutlich kleiner als diese. Über Querschläge sind beide Hauptröhren alle 333 Meter miteinander verbunden. Die Durchschlagsstelle liegt unter rund 1.420 Meter Gebirgsgestein und befindet sich fast unter der Geigenspitze und rund zwei Kilometer Luftlinie vom Brenner nach Südosten.
Der Erkundungsstollen sei in der Bauphase sozusagen ein "Testlabor im Maßstab 1:1", hieß es seitens der Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE. Der Vortrieb im Stollen erlaube demnach, den Gebirgsaufbau, Wasserzutritte, Störungszonen und die Gesteinsqualität zu erfassen. Durch die gewonnenen Erkenntnisse wird der Bau der Hauptröhren optimiert, indem die richtige Vortriebsmethode - Sprengvortrieb oder Tunnelbohrmaschine (TBM) - gewählt und Sicherungsmaßnahmen wie Spritzbeton oder Anker besser geplant werden können. Überraschungen beim Bau der Hauptröhren werden so reduziert, was Kosten- und Zeitrisiken mindert. Der Erkundungsstollen dient während der Bauphase auch als Zugang und Transportweg.
Ein zweites Leben erhält der Erkundungsstollen dann sozusagen nach der Fertigstellung des Brennerbasistunnels. Dann wird dieser nämlich zum Teil des Sicherheits- und Instandhaltungskonzepts. Er kann demnach als Entwässerungsstollen genutzt werden und dient als Flucht- und Rettungsroute im Brand- oder Notfall. Zudem können Wartungs- und Kontrollfahrzeuge unabhängig vom regulären Bahnbetrieb durch den Stollen fahren. Der Erkundungsstollen ist übrigens unter allen aktuell bestehenden und im Bau befindlichen Alpentransversalen (Gotthard, Lötschberg) ein Alleinstellungsmerkmal, teilte die BBT-Gesellschaft mit.
Längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt
Der seit 2007 im Bau befindliche Brennerbasistunnel (BBT) ist ein reiner Zugtunnel mit einer Gesamtlänge von 64 Kilometern, der zwischen der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck und dem Südtiroler Franzensfeste in Italien - hier auf 55 Kilometern - verläuft. Er gilt als Kernelement der neuen Bahnverbindung von München bis Verona. Nach der im Jahr 2031 geplanten Fertigstellung und im Jahr darauf stattfindenden Inbetriebnahme wird der für Güter- und Personenzüge vorgesehene Tunnel die "längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt" sein. Güterzüge sollen mit bis zu 160 km/h und Personenzüge mit bis zu 250 km/h durch den Tunnel fahren können. Die Strecke soll somit in 25 statt 80 Minuten bewältigt werden können. Als Gesamtprojektkosten wurden 10,5 Mrd. Euro veranschlagt. 204 der insgesamt 230 Tunnelkilometer des Brennerbasistunnels und damit 90 Prozent der Gesamtstrecke waren zuletzt bereits herausgebrochen. Im Laufe des kommenden Jahres sollte voraussichtlich bereits der gesamte BBT-Vortrieb beendet sein.