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Der Sommer 2022: Urlaub um jeden Preis

Trotz Inflation rechnen Touristiker mit einem deutlichen Plus bei den Nächtigungen. Auch der Verkehr wird rollen wie vor der Pandemie.

Ab in den Süden - Fernreisen können ganz schön ins Geld gehen.
Ab in den Süden - Fernreisen können ganz schön ins Geld gehen.

Die Coronainfektionszahlen sinken, die Temperaturen steigen - ebenso wie Reiselust und Freiheitsdrang der Österreicherinnen und Österreicher. Trotz heranrollender Energiekrise und galoppierender Inflation kündigt sich bereits jetzt ein Sommer an, der durchaus an Vor-Pandemie-Zeiten heranreichen, in manchen Bereichen diese sogar überflügeln könnte.

"Wir hatten in den ersten Monaten des Jahres aus verschiedensten Gründen ein Minus bei den Nächtigungen im Vergleich zu 2019", analysiert Thomas Kreidl von der Österreich Werbung. Im Jänner waren es minus 32 Prozent, im Februar minus 24, im März minus 19. "Im April hat sich der Wert auf minus neun Prozent reduziert. Die Tendenz geht in die richtige Richtung."

Es wird nicht leicht, die Zahlen der Prä-Corona-Ära zu erreichen

Die Zahlen der Prä-Corona-Ära zu erreichen wird allerdings nicht einfach. 2021 wurden in Österreich 79,6 Millionen Nächtigungen registriert, 2020 waren es 97,6 Millionen. Zum Vergleich: 2019 verzeichnete der heimische Tourismus 153 Millionen Nächtigungen. Wobei hier vor allem Besucher aus dem Ausland den Ausschlag gaben und weiterhin geben. Der Rückgang bei den heimischen Urlaubern betrug von 2019 auf 2021 "nur" etwas mehr als zehn Millionen Nächtigungen (von 40 auf 29,6). Touristiker Kreidl: "Konkrete Prognosen können wir aktuell nicht abgeben, wir gehen aber davon aus, dass sich vor allem der Sommer normalisiert."

Auch was den Reiseverkehr angeht, scheint eine Angleichung an das Niveau vor Corona im Bereich des Wahrscheinlichen. Aus der Asfinag heißt es auf SN-Anfrage, die allgemeine Einschätzung sei, dass der Verkehr im Sommer heuer deutlich stärker wird als zuletzt. Speziell auf der Tauernstrecke erwarte man einen "sehr intensiven Sommer". 2022 werde wohl mit seinen direkten beiden Vorgängerjahren nicht vergleichbar sein.

Die Unterschiede vor und während Corona sind gar nicht so groß

Dabei sind die Unterschiede zwischen den Verhältnissen vor und während Corona - zumindest statistisch gesehen - gar nicht so groß. Ein paar Beispiele: Im Juli 2021 betrug der Spitzenwert bei der Asfinag-Messstelle Traun (Westautobahn) 138.000 Fahrzeuge pro Tag. 2019 waren es 144.000. Bei der Messstelle Anif (Tauernautobahn) ein ähnliches Bild: 92.000 Autos pro Tag im Juli 2021, 94.000 im Juli 2019. Auch auf anderen Hauptreiserouten (Inntalautobahn, Brenner, Rheintalautobahn) weichen die Spitzenwerte nicht allzu sehr voneinander ab. Einzig Richtung Osten ist der Rückgang deutlich: An der A4-Messstelle Mannswörth betrug der Tageshöchstwert an Fahrzeugen im Juli des Vorjahres 105.000, 2019 noch 125.000. "Wir erwarten - vorausgesetzt, das Infektionsgeschehen bleibt stabil - wesentlich mehr Reiseverkehr als in den beiden Vorjahren", ist auch Heimo Gülcher vom ÖAMTC überzeugt. "Der Reisesommer beginnt am 25. Juni, wenn in Nordrhein-Westfalen die Ferien beginnen. Danach steigert sich das Aufkommen von Wochenende zu Wochenende", sagt Gülcher. Mit dem Höhepunkt sei Ende Juli zu rechnen, wenn in Bayern und Baden-Württemberg die Ferien starten. "Dann beginnt nämlich auch langsam die Rückreise. Es wird dann viel Verkehr in beide Richtungen geben." Gülcher geht davon aus, dass vor allem die Verbindungen in den Süden "stark belastet bis überlastet" sein werden.

Italien oder Kroatien: 53 Prozent wollen ans Meer

Der ÖAMTC hat auch heuer wieder 1000 Personen zu deren Urlaubsplanung befragt: "53 Prozent zieht es heuer ans Meer. Die Klassiker Italien und Kroatien sind dabei wieder Topdestinationen im Ausland. Die übrigen Reisenden möchte dagegen am See, in den Bergen oder in einer Stadt den Urlaub verbringen", erklärt ÖAMTC-Touristikerin Magdalena Draxler. Ein Coronaeffekt: Von den Befragten waren im Vorjahr 43 Prozent im Ausland, heuer planen das 56 Prozent.

Was die Wahl des Verkehrsmittels betrifft, bleibt das eigene Auto unangefochten an der Spitze. "Sieben von zehn Reisenden planen mit dem privaten Pkw wegzufahren. Vor allem Familien mit Kindern, da sind es sogar 79 Prozent. " Alleinreisende hingegen nutzen nur halb so oft das Auto, dafür jeder Zweite, der allein unterwegs ist, die Bahn.

Bahnreisen erfreuen sich neuer Beliebtheit

Apropos Bahn: Verreisen auf Schienen erfreut sich aktuell enormer Beliebtheit. Die Züge der ÖBB wurden an den vergangenen Wochenenden derart gestürmt, dass es zu chaotischen Szenen kam. Aus überfüllten Waggons mussten Reisende aussteigen, weil die Sicherheit im Inneren nicht mehr gegeben war. "Der Nachtverkehr ist extrem stark gebucht, an manchen Tagen ausgebucht - hier muss man flexibel sein", rät ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder. Für die Tagzüge gebe es zurzeit noch ausreichend Kapazität. "Doch auch hier sollte man gerade bei grenzüberschreitenden Verbindungen rechtzeitig reservieren." An den wichtigen Ferientagen würden die ÖBB "wieder die gesamte Kapazität auf Schiene bringen".

Manche machen auch Urlaub auf Balkonien

Thomas Posch, Geschäftsführer der Westbahn, kündigte mit 12. Juni einen nahezu durchgängigen 30-Minuten-Takt an. Und er sprach eine "Mitfahrgarantie" aus: "Wir halten nichts davon, über Reservierungspflicht nachzudenken. Klimaschutz funktioniert nur dann, wenn sich die Leute nicht einschränken müssen." Angesprochen auf die Vorfälle in ÖBB-Zügen sagte Posch: "Wir schauen uns das keineswegs genüsslich an, weil das ja für die Bahn an sich eine Bankrotterklärung ist. Dass dann Leute wieder sagen: Ich pfeif drauf, ich fahr wieder mit dem Auto. "

Stichwort Balkonien: Auch der Urlaub daheim steht im Kurs, wenn auch nicht allzu hoch. Laut Österreich Werbung können sich das 14 Prozent vorstellen, laut ÖAMTC sind es sieben Prozent.

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