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Wege aus der Wohnbaukrise

Initiative "Mehr leistbaren Wohnbau schaffen" von gemeinnützigen Bauträgern regt beschleunigte Bauverfahren an. Erster Schritt wäre eine Einstufung als "öffentliches Interesse".

Schneller Wohnungen bauen heißt auch günstiger bauen, argumentiert eine Initiative aus sechs gemeinnützigen Bauträgern.
Schneller Wohnungen bauen heißt auch günstiger bauen, argumentiert eine Initiative aus sechs gemeinnützigen Bauträgern.

Die Lage ist dramatisch - und sie droht noch schlimmer zu werden. Die Zahl der bewilligten Wohnungsneubauten sinkt, zugleich steigt die Nachfrage nach leistbaren Wohneinheiten massiv. Damit sind die Weichen für einen weiteren markanten Anstieg der Wohnungspreise gestellt.

Am Donnerstag hat eine Gruppe aus sechs gemeinnützigen Bauträgern Vorschläge präsentiert, die eine weitere Preiseskalation verhindern sollen. Die Ideen könnten nicht alle Probleme lösen, sagt Andreas Weikhart, Sprecher der Initiative "Mehr leistbaren Wohnraum schaffen" und Obmann der Bau- und Wohnungsgenossenschaft Wien-Süd. Man habe sich "zusammengetan, um eine wichtige Debatte konkret mit Lösungsvorschlägen anzustoßen". Sie zielen darauf ab, Bauverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, vor allem durch Beseitigung unnötiger Hürden.

Lage am Wohnungsmarkt "lässt die Alarmglocken schrillen"

Die Zeit drängt. Die Lage am Wohnungsmarkt "lässt die Alarmglocken schrillen", warnt die Initiative. Wohnbauexperte Wolfgang Amann weist darauf hin, dass die Zahl der bewilligten Wohnungen 2022 von 77.100 auf 62.600 gesunken ist, ein Rückgang um 19 Prozent. Der Trend "wird sich fortsetzen", sagt Amann, der heuer 51.400 bewilligte Wohnungen erwartet - bei steigendem Bedarf durch ukrainische Kriegsflüchtlinge. Das Thema treffe ganz Österreich, am meisten die städtischen Ballungsräume.

Ausgangspunkt ist die Einstufung von leistbarem Wohnraum als schützenswertes "öffentliches Interesse". So könnte in definierten Zonen durch bestimmte Bauträger in beschleunigten Verfahren Wohnraum entstehen, wenn dabei nachhaltige, soziale und gemeinwirtschaftliche Ziele verfolgt werden.

Beseitigung bürokratischer Hürden gefordert

Die Beseitigung bürokratischer Hürden würde die Errichtung von Wohnraum beschleunigen und kostengünstiger machen, etwa eine Lockerung oder Abschaffung der bestehenden Stellplatzverpflichtung oder beim Denkmalschutz durch die einfachere Errichtung von Photovoltaikanlagen auch auf denkmalgeschützten Objekten.

Bauverfahren ließen sich massiv verkürzen durch konzentrierte Verfahren mit mehr Personaleinsatz oder vermehrte Ziviltechniker-Gutachten, findet die Initiative. Zudem könnte eine Baubewilligung künftig bereits erfolgen, bevor 100 Prozent der vorgeschriebenen Anforderungen vorliegen.

Bei Flächenwidmungen Naturschutz bereits mitdenken

Gewisse Einschränkungen der Einspruchsrechte für Anrainer und Bürgerinitiativen könnten Verfahren beschleunigen, sagt Wolfgang Wahlmüller vom Österreichischen Siedlungswerk ÖSW. Die erste Bauinstanz sei zu stärken, damit nicht eine spätere Instanz einen mehrjährigen Baustopp verhängen könne, der auch Kosten in die Höhe treibe. Einspruchsrechte seien zu wahren - sollten sich aber nach Baustart primär auf Schadenersatzansprüche beschränken. Und bei Flächenwidmungen sei Naturschutz bereits mitzudenken.

Zugleich mehren sich Stimmen für eine Lockerung der strengeren Regeln für die Vergabe von Immobilienkrediten. Manche verweisen freilich darauf, dass das Problem weniger die Limits - wie die maximale Rückzahlungsquote von 40 Prozent des Nettoeinkommens - seien, sondern die hohen Zinsen und Immobilienpreise.

Zugang zu leistbarem Wohnen "beste und wirksamste Armutsprävention"

Die Volkshilfe Wien, die sich für Menschen einsetzt, die ihre Miete nicht mehr zahlen können und denen daher Räumungsklagen und Delogierungen drohen, begrüßt die Initiative für leistbaren Wohnraum. Der Zugang zu leistbaren und lebenswerten Wohnungen sei "die beste und wirksamste Armutsprävention", sagt Martin Orner, Leiter Stabstelle Immobilien der Volkshilfe Wien. "Leistbare Wohnungen müssen auch für diejenigen vorhanden sein, die zum niedrigsten Einkommensdrittel zählen", schließlich sei Wohnen ein Menschenrecht.

Steigende Energiekosten, teure Mieten und der dramatische Kostenanstieg im Lebensmittelbereich würden für viele "alltägliche Ausgaben zum finanziellen Kraftakt" machen und immer mehr Menschen in die Armut treiben. "Steigende Mieten treiben die Inflation weiter an", argumentiert die Volkshilfe. Sie tritt daher für einen bundesweiten Mietpreisdeckel ein. Internationale Beispiele würden dessen preisstoppende Wirkung zeigen.

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