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Kampf gegen Massentourismus: Hier müssen Touristen Eintrittsgebühren zahlen und sich per App registrieren

Für einen Besuch in Venedig muss Eintritt bezahlt werden - und zwar so viel wie noch nie. Immer mehr Urlaubsorte kämpfen gegen den Massentourismus. Weitere italienische Städte möchten heuer nachziehen, darunter ein Urlaubsfavorit der Österreicherinnen und Österreicher. In Italien zeichnet sich außerdem der Trend ab, den Zugang zu Stränden per App zu begrenzen.

Venedig kämpft gegen den Massentourismus.
Venedig kämpft gegen den Massentourismus.

Seit Ende April werden für Tagestouristen bis zu zehn Euro fällig, wenn sie ein paar Stunden durch die italienische Lagunenstadt Venedig an der Adria schlendern wollen. Bei der Premiere des weltweit einzigartigen Modells im Jahr 2024 war es nur die Hälfte.
Die Regelung gilt zunächst durchgehend an allen Tagen bis zum ersten Wochenende im Mai, danach bis Ende Juli an allen Wochenenden von Freitag bis Sonntag. Unter der Woche ist der Eintritt dann wieder frei, so wie im großen Rest des Jahres. Insgesamt muss in diesem Jahr an 54 Tagen gezahlt werden. Auch das ist fast doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. Bezahlt wird in der Regel, indem man sich vor der Ankunft übers Internet einen QR-Code besorgt und aufs Handy lädt.

Besucherzahlen schnellen weiter in die Höhe

Wer kein Ticket hatte, läuft Gefahr, bis zu 300 Euro Strafe zahlen zu müssen. Davon abschrecken lässt sich bislang jedoch kaum jemand. Im Gegenteil: Die Besucherzahlen für die mehr als anderthalb Jahrtausende alte Stadt, die unter dem Massentourismus schwer zu leiden hat, gingen noch weiter in die Höhe. Im Grundsatz läuft nun alles wie im Vorjahr - nur, dass jetzt häufiger und mehr gezahlt werden muss. Wer frühzeitig bucht, darf weiterhin für fünf Euro in die Stadt. Wer sich bis drei Tage vor dem Besuch (oder noch länger) Zeit lässt, muss künftig allerdings das Doppelte blechen. Übernachtungsgäste müssen nach wie vor keinen Eintritt zahlen, aber Kurtaxe.

2,4 Millionen Euro Einnahmen im vergangenen Jahr

Vergangenes Jahr wurden nach Angaben der Behörden 485.000 zahlende Besucher registriert, was der Stadt mehr als 2,4 Millionen Euro in die Kassen spülte. Das bedeutet allerdings, dass sich viele Tagestouristen vor dem Bezahlen drückten. Zudem kamen vor allem Rucksack-Urlauber erst nach 16.00 Uhr, wenn keine Gebühr mehr fällig wird. Die Kosten für Entwicklung und Betrieb des Systems seien längst nicht gedeckt. Der Strom an Besuchern bringt der Stadt große Probleme. Heute leben im Zentrum keine 50.000 Einwohner mehr. Dafür gibt es mehr als 50.000 Gästebetten. Pro Jahr kommen mehr als 15 Millionen Besucher.

Auch ein Ort am Gardasee möchte Eintritt verlangen

Es ist einer der beliebtesten Seen der Österreicher. Inzwischen kommen auch immer mehr Gäste aus anderen Nationen zum größten See Italiens. Nachdem es über das Wochenende des 1. Mai zu einem Rekordansturm von Touristen gekommen ist, will Sirmione am Gardasee jetzt Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Stadt diskutiert über die Möglichkeit, nach dem Vorbild Venedigs eine Tagesgebühr für Touristen einzuführen, um die Zahl der Besucher einzuschränken.

Bilder über Menschenmassen, die sich im Stadtzentrum Sirmiones drängen, sind in Italien viral gegangen. Die einzige Straße, die in die Altstadt führt, das Zentrum und die Eingangsbrücke waren wegen des Gedränges nicht mehr zugänglich. Dies weckte Bedenken für die öffentliche Sicherheit. Rettungswagen konnten die engen Gassen nicht mehr befahren.

Die Hoteliers fordern jetzt die Stadtverwaltung auf, die Zahl der Besucher einzuschränken. Marco Merlo, Vorsitzender des Hotelierverbands von Sirmione, schlägt Alarm: "Wir fordern, dass die Zahl der ankommenden Personen eine bestimmte, von Experten festzulegende Zahl nicht überschreitet. Ich habe um ein Treffen mit der Stadtverwaltung gebeten, um Maßnahmen gegen den Massentourismus zu diskutieren", so Merlo. Konkret geht es um die Reservierung für den Zugang zur Altstadt an bestimmten Feiertagen und um die Einführung einer Eintrittskarte für Tagesbesucher. Geprüft werden auch Maßnahmen, um das Problem des Zugangs von Krankenwagen auf den verstopften Straßen des Zentrums zu umgehen.

Auch Neapel kämpft gegen Besucherströme

Laut der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" wurden im Jahr 2024 in Neapel 14,5 Millionen Touristen gezählt - das entspricht einem Zuwachs von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr und sogar 33 Prozent gegenüber beider Vorjahre. Für das Jahr 2025 wurde ein Anstieg auf 17 Millionen prognostiziert. Nun überlegt auch Neapel, wie Venedig Eintrittsgebühren für Tagesbesucher zu verlangen. Details sind noch nicht bekannt.

Capri will weniger Touristen an Land lassen

Die Fähren vom italienischen Festland, die in der Hauptsaison bislang im Zehn-Minuten-Takt auf der Insel vor Neapel ankommen, sollen seltener fahren. Im Gespräch ist, dass künftig bei den Ankünften mindestens 20 Minuten zeitlicher Abstand sein muss, damit es im Hafen nicht mehr so häufig Staus gibt. Die endgültige Entscheidung, ob die seit 1990 bestehende Zehn-Minuten-Regel für Fähren gekippt wird, steht aber noch aus.

Capri gehört zu Italiens meistbesuchten Zielen. Auf die Insel mit weniger als 15.000 ständigen Einwohnern kommen in der Hauptsaison mehrere zehntausend Besucher pro Tag. Aber auch im Oktober 2024 - also lange nach Ende der großen Reisezeit - wurden mehr als 30.000 Touristen gezählt. 2023 waren es insgesamt mehr als 2,7 Millionen. Im Jahr 2024 hatte Capri die Landegebühr von 2,50 Euro auf 5,00 Euro verdoppelt. Diese wurde bis zum 31. Oktober 2024 eingehoben.

Bei einer Konferenz in Amalfi diskutierten Vertreter von Orten wie Capri, Positano und Cinque Terre kürzlich wieder über strengere Besucherregelungen - wie es 2025 konkret weitergeht, ist noch nicht bekannt.

Strandzugang per App: Neuer Trend in Italien

In anderen Urlaubsregionen werden Maßnahmen gegen überfüllte Strände unternommen. Urlauber müssen in vielen beliebten Badeorten mit limitierten Zugangsmöglichkeiten rechnen. Um die Auswirkungen des Massentourismus in Schranken zu halten, führen immer mehr Badeortschaften digitale Systeme ein, mit denen der Strandzutritt online gebucht werden muss. Das gilt etwa für den Strand Tuerredda in der Bucht von Teulada auf Sardinien.
Hier müssen sich Touristen ab der Sommer-Saison 2025 per App oder Website ein Ticket kaufen und eine Reservierung tätigen. Die Preise dafür sollen bei ein bis zwei Euro liegen. Das Kapazitätslimit liegt bei 1.100 Besuchern, wobei 371 Plätze für Strandbäder und 729 für den frei zugänglichen Strandbereich reserviert sind. Besuchende, die zu spät am Strand eintreffen, müssen mit dem Verlust ihrer Reservierung rechnen.

App ab Juli - Limits für Badegäste

Die App wird im Juli downloadbar sein. Bürgermeister Angelo Milia wies darauf hin, dass mit der Einführung des digitalen Zugangssystems die Gemeinde Teulada auch die Infrastruktur verbessert werde: Der Parkplatz wird modernisiert, Toiletten, Duschen und Fußduschen werden renoviert.
Die Gemeinde steht mit ihren Maßnahmen nicht allein da. Weil Italien in diesem Sommer wieder mit einem Tourismusboom rechnet, müssen Urlauber in vielen beliebten Badeortschaften den Strandbesuch im Voraus reservieren. Um etwa einen Massenandrang am Sandstrand von Brandinchi im beliebten Ort San Teodoro im Norden Sardiniens zu vermeiden, werden nicht mehr als 1.447 Badegäste pro Tag zugelassen.
Auch Lampedusa setzt Badegästen Schranken. Der unter dem Namen "Kaninchenstrand" bekannt gewordene Spiaggia dei Conigli im Süden der Insel gilt als eine der schönsten Küsten Europas und erfreut sich so zunehmender Popularität. Die Behörden reagierten und lassen diesen Sommer höchstens 550 Personen gleichzeitig zu.

Sevilla verlangt Eintritt für berühmten Platz

Neben Eintrittsgebühren möchten andere Urlaubsziele den Zutritt zu gewissen Plätzen zu beschränken. Die spanische Stadt Sevilla wird Touristen künftig für den Besuch des imposanten Platzes Plaza de España zur Kasse bitten. Die Einführung der umstrittenen Eintrittsgebühr in Höhe von "drei bis vier Euro" sei bereits "beschlossene Sache", sagte der Bürgermeister der südspanischen Metropole, José Luis Sanz, im Interview des Radiosenders Cadena Cope. Einen möglichen Termin für die Einführung der Gebühr nannte der konservative Politiker aber noch nicht.
Man werde die Plaza de España absperren und von den Touristen eine Gebühr zu erheben, erklärte Sanz. Mit den Einnahmen werde man unter anderem die Erhaltung des Platzes finanzieren und außerdem die Sicherheit dort mit einer 24-stündigen Überwachung garantieren. Für die Bewohner Sevillas und auch für alle in der gleichnamigen Provinz geborenen Personen bleibe der Zugang aber kostenlos.

Hawaii lässt Touristen fürs Klima zahlen

Auch auf anderen Kontinenten werden Maßnahmen gegen den zunehmenden Tourismus und damit einhergehenden Klimabelastungen geplant.

Etwa wird Hawaii eine neue Klimasteuer für Touristen einführen - Von 2026 an soll die neue Abgabe Projekte finanzieren, die die Natur schützen und den Klimawandel bekämpfen. "Als Inselkette kann Hawaii nicht auf die nächste Katastrophe warten, bevor wir Maßnahmen ergreifen. Wir müssen jetzt Widerstandskraft aufbauen", schrieb der Gouverneur des US-Bundesstaats Hawaii, Josh Green, am Mittwoch (Ortszeit) auf der Plattform X. Den Schätzungen zufolge werde die "Green Fee" (Grüne Abgabe) jährlich fast 100 Millionen Dollar einbringen, umgerechnet rund 88 Millionen Euro. Konkret geht es um eine Erhöhung von 0,75 Prozent auf eine bereits existierende Steuer für Reisende, die vom 1. Januar 2026 an in Hotels oder Ferienwohnungen übernachten, berichtete "USA Today". Erstmals sollen auch Übernachtungen auf Kreuzfahrtschiffen besteuert werden. Bei einem Hotelpreis von 300 Dollar pro Nacht wären laut Zeitung 2,25 Dollar mehr pro Übernachtung fällig. Die Steuerlast für Hawaii-Besucher kommt damit laut Sender Hawaii News Now auf insgesamt etwa 19 Prozent - und gehöre damit zu den höchsten in den USA.

Erinnerungen an die Tragödie auf Maui

Die Steuer sei auch eine Reaktion auf die katastrophalen Waldbrände auf Maui vor rund zwei Jahren. Ein Flammeninferno hatte im August 2023 Teile der Insel zerstört. Mehr als 100 Menschen waren ums Leben gekommen. Der malerische Küstenort Lahaina im Westen Mauis war fast völlig abgebrannt. Wissenschaftler warnen, dass der Klimawandel Extremwetterereignisse wie Stürme, Überschwemmungen und Brände wahrscheinlicher mache.


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