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Bonjour France: Erasmus-Erfahrungen in Frankreich

Junge-Seite-Autorin Sophie Klein fühlt sich nach ihrem Auslandsaufenthalt wie ein neuer Mensch.

Acht Milliarden Menschen leben auf dieser Welt. Acht Milliarden Menschen und ich, die ich mich fühle, als hätte ich eines dieser Leben geklaut und mein altes dagegen eingetauscht. Es fühlt sich ganz frisch an auf meiner Haut, so spannend und vielversprechend. Vorsichtig teste ich es aus, entdecke seine Ausmaße und träume davon, es eines Tages mein Eigen nennen zu dürfen. Dieses Leben ist nur ausgeborgt und findet in Frankreich statt, es nennt sich Auslandsaufenthalt und wird für immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen haben.


Seit mich vor einem knappen Jahr eine Freundin auf die Idee gebracht hat, für ein paar Monate in ein fremdes Land zu gehen, hat sich viel getan. Angefangen hat alles mit ein paar Gesprächen mit der Erasmus-Beauftragten an unserer Schule. Meine erste Idee war Irland, doch schnell wurde klar, dass das seit dem Brexit ein sehr begehrtes Ziel für all jene ist, die gerne ihr Englisch verbessern würden. Ein Platz in Irland grenzt daher fast an eine Unmöglichkeit. Also habe ich damit begonnen, E-Mails an Schulen in Frankreich zu schreiben. Weil meine Schule noch nicht lange bei Erasmus+ dabei ist, hatten wir noch kaum Partner und der Suchprozess gestaltete sich langwierig und zäh. Schließlich, kurz bevor ich aufgeben wollte, kam endlich eine positive Antwort zurück. Jetzt ging es Schlag auf Schlag.


Wir sendeten einen Antrag für einen Aufenthalt von drei Monaten an Erasmus und bekamen kurze Zeit später grünes Licht. Gegen Ende des Schuljahres wurde ich dann auch meiner Austauschschülerin zugewiesen und wir fingen an, uns auf Instagram ein bisschen kennenzulernen. Ich sollte Mitte September nach Bordeaux, eine Stadt im Westen Frankreichs, reisen. Gegen Ende der Sommerferien stieg langsam meine Aufregung. Doch dass ich wirklich so lange Zeit von meiner Familie getrennt verbringen würde, realisierte ich erst, als ich schon im Flugzeug saß: Ich konnte es kaum glauben und war unfassbar stolz, es tatsächlich geschafft zu haben, obwohl mir auf dem Weg doch so viele Schwierigkeiten begegnet waren. Ich hatte meinen Traum nicht aufgegeben. Das war vor zwei Monaten, doch wenn ich auf meine bisherige Zeit in Bordeaux zurückblicke, fühlt es sich wie ein Wimpernschlag an. So viele Menschen habe ich hier schon kennengelernt, so viel Offenheit und Neugierde und Herzlichkeit ist mir begegnet. Dank der Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft wunderbarer Leute fühle ich mich unglaublich gut aufgehoben, so willkommen geheißen und auch frei.

Das eigene, vertraute Umfeld zu verlassen, kann sich nach einem gigantischen Schritt anfühlen, doch gleichzeitig erlaubt es einem auch, sich selbst besser kennenzulernen und neue Facetten an der eigenen Persönlichkeit zu entdecken. Den Schritt zu wagen, bedeutet, sich von Altem loszulösen und Raum für neue Erfahrungen zu schaffen. Wann immer ich kann, erkunde ich die Stadt, gehe in Museen und Ausstellungen und teste mich durch Cafés und Bäckereien. Mittlerweile bestelle ich selbstbewusst auf Französisch. An den Wochenenden treffen meine Austauschschülerin und ich uns mit ihren Freunden, wir gehen auf Partys oder unternehmen Ausflüge, zum Beispiel ans Meer, das nur eine knappe Autostunde entfernt liegt. Und auch die Großeltern, die an der Côte d'Azur leben, habe ich während eines einwöchigen Urlaubs in den Herbstferien kennengelernt.

Die Entscheidung, nach Frankreich zu gehen, hat mir Momente ermöglicht, die mich wohl mein restliches Leben begleiten werden. Sie hat mir die Tür in eine andere Welt geöffnet und mir einen Bruchteil davon offenbart, was da draußen noch so alles auf mich wartet, so viel Neues, Aufregendes und Wunderschönes. Und ich habe gelernt, wie unglaublich viel ich erreichen kann, wenn ich nicht aufgebe, wie groß der Einfluss ist, den man auf sein eigenes Leben hat.

Sophie Klein
ist 16 Jahre alt, kommt aus Seekirchen am Wallersee und besucht das Musische Gymnasium in Salzburg.