Stell dir vor, du schaltest dein Handy ein - und TikTok ist einfach weg. Kein Scrollen mehr durch die "For You Page", keine neuen Trends, keine Memes. Genau darüber wird gerade in der EU diskutiert: ob TikTok in Europa vielleicht verboten werden soll. Für Millionen Jugendliche klingt das wie ein Albtraum. Die Idee wirkt erst mal unrealistisch, aber sie ist ernst gemeint. Mit neuen Gesetzen will die EU soziale Netzwerke stärker kontrollieren, und TikTok steht dabei besonders im Fokus.
Egal ob in der Schule, in der Straßenbahn oder abends im Bett: Fast alle in meinem Umfeld sehen sich Videos auf TikTok an. Mehr als 150 Millionen Menschen in Europa nutzen die App regelmäßig, weltweit sind es sogar mehr als eine Milliarde. Trends starten dort, Memes verbreiten sich und gefühlt alle in meinem Umfeld kennen die neuesten Clips. Wenn TikTok wirklich weg wäre, würden sich Gespräche unter Jugendlichen ziemlich verändern.
Gefährliche Challenges: Die Luft anhalten bis zur Ohnmacht
Die EU kritisiert vor allem, dass TikTok zu wenig gegen Fake News, Hass und gefährliche Inhalte unternimmt. Wer sich nicht an die Regeln hält, dem drohen Strafen - theoretisch sogar ein komplettes Verbot. Die Vorwürfe sind nicht ganz unberechtigt. Ich sehe selbst, wie schnell sich Falschmeldungen auf Social Media verbreiten und wie manche Freundinnen und Freunde im endlosen Scrollen versinken. Gleichzeitig ist TikTok sehr unterhaltsam. Man lernt neue Rezepte, entdeckt Songs, lacht über kreative Videos oder bekommt Nachrichten in Kurzversion. Genau das macht die App so beliebt.
Doch die App ist auch riskant. Es gibt nämlich nicht nur harmlose Challenges, sondern auch gefährliche. Etwa die Blackout-Challenge, bei der Menschen die Luft anhalten, bis sie aufgrund des Sauerstoffmangels im Gehirn ohnmächtig werden. Bei solch gefährlichen Challenges sind in den letzten Jahren mehrere Kinder ums Leben gekommen. Dazu kommen Clips, die komplett erfunden sind und trotzdem tausendfach geteilt werden.
TikTok als wichtige Informationsquelle
In Umfragen, etwa in Deutschland, gaben viele Jugendliche an, dass sie ein Verbot sogar begrüßen würden - zum Beispiel, weil sie sich selbst leichter von der App lösen könnten. Doch die App ist längst nicht mehr nur Unterhaltung. Fast ein Drittel der Jugendlichen in Europa nutzt TikTok als Informationsquelle. Ein komplettes Aus würde die Probleme nicht lösen, denn dieselben Inhalte würden einfach auf andere Plattformen wandern. Viel wichtiger wären Maßnahmen wie echte Alterskontrollen, Schutz vor Fake News und Zeitlimits. Gleichzeitig müssen wir selbst lernen, wie man mit solchen Challenges oder Videos umgeht. Bei sensiblen Videos wäre es etwa wichtig, diese zu melden, anstatt sich die Inhalte weiter anzusehen.
Darüber hinaus würde ein TikTok-Verbot nicht nur Jugendliche treffen, sondern auch viele Unternehmen und Influencer. Für zahlreiche kleine Geschäfte und auch Influencer ist TikTok mittlerweile ein wichtiger Ort, um Werbung zu machen oder neue Kundinnen und Kunden zu erreichen. Auch viele Content-Creator verdienen mit der App ihr Geld - ein Verbot hätte für diese Menschen auch finanzielle Folgen.
Auf politischer Ebene spielt zudem eine Rolle, dass TikTok einem chinesischen Konzern gehört. Manche Politikerinnen und Politiker sehen darin ein Risiko für Datenschutz und sogar für die Sicherheit, weil sensible Daten in falsche Hände geraten könnten. Das zeigt, dass die Diskussion weit über die Frage hinausgeht, ob Jugendliche ihre Lieblings-App behalten dürfen: Sie betrifft auch Wirtschaft, Arbeitsplätze und geopolitische Interessen.
Ohne TikTok würden Trends und Gesprächsthemen fehlen
Ob TikTok wirklich verboten wird, ist noch nicht klar. Wahrscheinlich wird es eher strengere Regeln geben als ein komplettes Verbot. Aber schon die Tatsache, dass ein Verbot überhaupt im Raum steht, zeigt, wie groß der Einfluss dieser App geworden ist. Für mich ist es interessant, zu sehen, wie stark TikTok unseren Alltag prägt, selbst wenn man die App nicht ständig nutzt. Ohne sie würde etwas fehlen - Trends, Gesprächsthemen und vieles mehr. Gleichzeitig wirkt es fast gefährlich, dass eine einzige Plattform so viel Macht auf unseren Alltag ausübt. Vielleicht ist die ganze Diskussion auch ein Zeichen für uns, diese App zu löschen oder sie weniger zu benutzen.
Anna Bamberger ist 14 Jahre alt, kommt aus Obertrum und besucht die Sport-Mittelschule Seekirchen.