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Gar nicht erstklassig

Zum Ferienstart mit den Öffis zu verreisen, ist die Hölle. Findet unsere Autorin, die hier ihre Erfahrungen schildert. Lola Flieher

Der Freitagnachmittag ist im öffentlichen Verkehr der schlimmste Tag von allen - was jeder bestätigen kann, der an diesem besagten Wochentag mit einem öffentlichen Verkehrsmittel irgendwo in Österreich von A nach B kommen muss. Doch an einem Tag im Jahr ist die Fahrt wirklich die Hölle: am ersten Ferientag. Ich untertreibe keineswegs, wenn ich sage, dass das mit Abstand einer der unerträglichsten Tage des Jahres ist, um mit Bus und Bahn pünktlich zu erscheinen. Mal ganz abgesehen davon, ob man überhaupt noch in den Zug passt, am Gang sitzen muss oder nicht aus dem Zug geworfen wird, weil einfach kein Platz mehr ist.

Vor ein paar Wochen war wieder genauso ein Freitag. Ich saß im Flieger, als mir einfiel, wie dumm es war, an diesem besagten Tag ausgerechnet den Wiener Flughafen anzusteuern, doch da war es schon zu spät.


Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe Bahnfahren. Ich mache es mehrmals die Woche und meistens ist es kein Problem. Dass man aber seit jeher im öffentlichen Verkehr weiß, dass es Stoßzeiten gibt und an gewissen Tagen im Jahr exorbitant viel los ist, ist nichts Neues. Dass man dieses Problem jedoch nicht lösen kann, indem man Züge mit zwei 2.-Klasse-Waggons und drei 1.-Klasse-Waggons bestückt - was jedoch am Bahnhof oft die Realität ist - und der eigene Hausverstand einem sagt, dass so nicht genug Platz sein kann für alle, die in den Zug passen sollten, nervt mich.

Öffentlicher Verkehr ist seit jeher ein großes Thema, auch in der Politik. Vieles hat sich verbessert, keine Frage. Zum Beispiel die Einführung des Klimatickets, das zwar eine erfreuliche Maßnahme zur Förderung nachhaltiger Mobilität war, aber bereits 2026 eine deutliche Preissteigerung erfahren wird.

Auch im Bereich Schienennetz und Infrastruktur werden laufend Verbesserungen angekündigt, doch deren Umsetzung dauert meist Jahre und nicht selten werden Fertigstellungstermine verschoben oder Projekte dann in letzter Minute gestrichen.

Wenn ich mir aber als Studentin, die oft heimfährt - und das mit ÖBB oder Westbahn - das bestehende System anschaue und oft zu Stoßzeiten die Bahn nehme, merke ich nichts von Ausbauten oder Verbesserungen. Natürlich passiert vieles im Hintergrund, auf das man nicht achtet, sowie kleinere Investitionen, optimierte Fahrpläne oder Modernisierungen im laufenden Betrieb. Aber genau das ist das Problem. Die Menschen wollen sichtbare Verbesserungen und das nicht erst seit gestern.


Österreich gibt im EU-Vergleich überdurchschnittlich viel für öffentliche Verkehrsinfrastruktur aus. Allein im Jahr 2023 wurden über 3,4 Milliarden Euro in Bahnprojekte investiert. Projekte wie der Semmering-Basistunnel oder der Ausbau der Pottendorfer Linie sind Beispiele für langfristige Vorhaben, die das Bahnnetz leistungsfähiger machen sollen. Doch bis diese Projekte abgeschlossen sind, zum Teil erst 2030 oder später, ändert sich für Pendlerinnen und Pendler in überfüllten Regionalzügen und "typischen" Strecken wie Salzburg-Wien wenig.

Ein anderes Problem ist die ungleiche Verteilung von Kapazitäten. Während Städte wie Wien, Linz oder Graz von besseren Taktungen und modernen Zügen profitieren, bleibt der ländliche Raum oft unterversorgt. Dabei ist die Nachfrage hoch. In den letzten Jahren war zwar immer wieder ein Anstieg bei jenen zu sehen, die statt Auto auf Bahn und Bus umgestiegen sind, trotzdem klagen viele Fahrgäste über Ausfälle, permanente Verspätungen und überfüllte Züge. Gerade zu Ferienbeginn oder an Wochenenden sind die Züge regelmäßig überlastet und bis oben hin vollgestopft.

Während in der 2. Klasse Menschen am Gang stehen, bleiben Waggons der 1. Klasse oft leer - ein klarer Ausdruck dessen, dass das System so nicht funktioniert. Hinzu kommt mangelhafte Kommunikation. Verspätungen und Ausfälle werden oft schlecht oder gar nicht angekündigt, Alternativen erst recht keine angeboten. Die Probleme des öffentlichen Verkehrs sind bekannt, die Beschwerden seit Jahren dieselben und dennoch bleibt vieles beim Alten. Bis sich spürbar etwas ändert, bleibt das Bahnfahren für viele eine tägliche Geduldsprobe, insbesondere dann, wenn die Österreicher gleichzeitig verreisen.

Lola Flieher ist 20 Jahre alt, wohnt in Innsbruck und studiert Management, Kommunikation und IT am dortigen MCI.