Hassen. Oder lieben. Dazwischen gibt es nichts, wenn die Rede von der jungen Berliner Rapperin Ikkimel ist. Seit 2023 mischt sie die Musikszene auf. Ikkimel, mit bürgerlichem Namen Melina Gaby Strauß, hat mit ihrem Debütalbum "Fotze" und Songs wie "Keta und Krawall" oder "Deutschland" in kürzester Zeit die Charts erobert. Sie hat damit auch eine hitzige Debatte über Feminismus, Provokation und die Grenzen der künstlerischen Freiheit entfacht.
Ihre Auftritte sind eine Provokation
Ihre Musik ist eine explosive Mischung aus Techno, Hyper-Pop und Rap. Der Beat wird getragen von expliziten Texten über Sex, Drogen und Partys. Doch nicht nur die Wortwahl in ihren Texten ist grell, laut und bewusst überzeichnet. Auch ihre Bühnenauftritte sind ein Hingucker: ultrakurze Latex- oder Netzoutfits, kombiniert mit kniehohen Plateaustiefeln, knalligen Perücken oder eng anliegenden Bodysuits. Ihre Looks sind eine wilde Mischung aus Fetischmode, Cyberpunk und Berliner Clubkultur - eine bewusste Provokation, androgyn und so auffallend wie möglich. Als Accessoires dienen Nietenketten, Hundeleinen, Halsbänder und transparente Stoffe.
Weibliche Selbstermächtigung?
Eine besondere Diskussion löste ein Auftritt aus, bei dem ein Fan mit Hundemaske in einen Käfig gesperrt wurde. Die Performance wurde sowohl als feministischer Akt als auch als eine geschmacklose Provokation gedeutet. Doch genau dies ist Teil ihres Konzepts: Sie spielt mit Reizen und Tabus, Rollenspielen und Machtfantasien, und sie zwingt damit alle, die ihre Musik hören, sich zu positionieren. Viele deuten die Auftritte von Ikkimel als Ausdruck weiblicher Selbstermächtigung. Andere jedoch meinen, ihre Looks und Performances überschritten die Grenzen guten Geschmacks.
Doch genau dieser Zwiespalt macht die Kraft dieser deutschen Rapperin aus. Trotz vieler Kritik hat Ikkimel eine große Fangemeinschaft, die ihre unkonventionelle Art und Weise, an wichtige gesellschaftliche Themen heranzugehen, feiert und liebt. Ihre Texte regen zur Diskussion über Geschlechterrollen an und fordern dazu auf, gesellschaftliche Normen zu hinterfragen. Eine Zeile aus einem ihrer Texte geht mir nicht mehr aus dem Kopf. In ihrem Song "Böser Junge" singt die Berlinerin:
"Schnauze halten, Leine an, Schatz, jetzt sind die Weiber dran". Sicherlich eine sehr extreme Art mitzuteilen, dass Frauen in unserer Gesellschaft zum Zug kommen sollten, das Gleiche verdienen sollten wie Männer und dass die festgefahrenen Rollen in einer immer noch und nun wieder immer mehr patriarchal regierten Welt endlich aufgelöst werden müssen. Und erst recht darf es keine Rolle spielen, ob man als Frau auf der Bühne steht und offen über Sex, Drogen oder Partys singt oder als Mann.
Ikkimel ist keine Antwort, sondern eine Frage
Ikkimel zwingt Hörerinnen und Hörer, sich mit Themen zu beschäftigen, die in unserem Zusammenleben bisweilen zu kurz kommen: Macht, Sexualität, eine Meinung zu haben. Sie spielt dabei die Grenzen der Kunst ganz zu ihren Gunsten aus. In unserer Gesellschaft, die extrem glatt und distanziert wirkt, ist ihre grelle Art unbequem und fällt somit mehr auf. Egal, ob man sie als feministische Ikone sieht oder als Provokateurin: Ikkimel hat es geschafft, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und ist aus der deutschen Rap-Szene nicht mehr wegzudenken. Wohl braucht es Stimmen wie ihre, damit sich unsere Normen und Denkweisen ändern können. Ikkimel ist keine Antwort, sondern sie ist eine verdammt gute Frage. Eine laute, unübersehbare, grelle, aber eine notwendige, wie sie in der Popmusik immer wieder auftaucht.
Lola Flieher ist 20 Jahre alt, wohnt in Innsbruck und studiert Management, Kommunikation und IT am dortigen MCI.