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Tunesiens neue Wege: Salz aus alten Flaschen

Tunesien - nachhaltig. Nur zwei Flugstunden von Salzburg entfernt liegt eine arabische Wunderwelt. Blick hinter die Kulissen.

Postkartenmotiv: die Künstlerstadt Sidi Bou Said.
Postkartenmotiv: die Künstlerstadt Sidi Bou Said.
El Djem wurde auf den Ruinen der Stadt Thysdrus erbaut, ....
El Djem wurde auf den Ruinen der Stadt Thysdrus erbaut, ....
... aus der Zeit der Karthager blieb das Amphitheater.
... aus der Zeit der Karthager blieb das Amphitheater.
Die antike Kunst des Mosaiklegens ...
Die antike Kunst des Mosaiklegens ...
... wird teilweise heute noch fortgeführt, auch für den Tourismus.
... wird teilweise heute noch fortgeführt, auch für den Tourismus.
Mehr Ausbildung für eine bessere Zukunft: junge Tunesierinnen im „Futureshapers“-Programm
Mehr Ausbildung für eine bessere Zukunft: junge Tunesierinnen im „Futureshapers“-Programm
Werkmeister Simone aus Italien formt aus alten Flaschen ...
Werkmeister Simone aus Italien formt aus alten Flaschen ...
... neue, nützliche Rohlinge für den Gebrauch.
... neue, nützliche Rohlinge für den Gebrauch.

Oops, I broke it again", sagt Ana, die Portugiesin. Sie hält zwei Stücke einer grünen Bierflasche in der Hand, aber die Bruchstellen sind nicht so ebenmäßig wie gewünscht. Also neuer Versuch, die nächste Flasche mit dem Drehmesser anschneiden, die Ritze über einer Kerzenflamme erhitzen. So lange, bis sich die Flasche leicht in zwei Hälften teilen lässt. Der obere Teil mit dem Flaschenhals wird mithilfe eines durchbohrten Kronkorken zum Salzstreuer, der untere Teil zum Trinkglas - das wäre zumindest der Plan in diesem Workshop.

Die Werkstatt in Bhar Lazreq unweit von Sidi Bou Saïd liegt eine gute halbe Autostunde von Tunis entfernt. Glasschleifen ist Teil von "Destination Zero Waste Tunisia", einer Initiative zur Abfallvermeidung oder -verminderung. Materialien wie Plastik, Glas oder Textilien werden gesammelt und gereinigt, um dann wieder zum Einsatz zu kommen. Sie landen entweder im großen Recyclingkreislauf, aus dem dann wieder Flaschen und Verpackungen entstehen. Oder aber sie werden zu höherwertigen Produkten aufgewertet. Durch dieses Upcycling entstehen Schmuckstücke, hübsche Gläser, Salzstreuer, originelle Flaschenverschlüsse oder Kerzenständer.

Simone ist der kreative Kopf des überwiegend jungen, jedenfalls hoch motivierten Teams. "Mit ein bisschen Fantasie kann aus Abfall Nützliches entstehen", sagt er. Wie kommt er auf seine Ideen? Er zuckt mit den Schultern und grinst. Er weißt es selbst nicht. Simone ist Italiener. Vor Jahren ist er aus Sizilien nach Tunesien gekommen. Der Liebe wegen, sagt er. Doch mittlerweile sei die Liebe weg, er aber sei immer noch da, sagt er lachend. Der ausgebildete Chemieingenieur kennt die Materialien und weiß, wie man sie am besten verarbeitet.

Die Werkstatt ist Teil eines Projekts, das unterstützt wird von der Tui Care Foundation. Diese vom Reisekonzern Tui gegründete, aber unabhängig agierende Stiftung setzt sich weltweit für die Interessen junger Menschen und Zukunftsfragen ein. Auf vielfältige Art und Weise. Der Schutz bedrohter Meeresschildkröten in Griechenland oder auf den Kapverdischen Inseln gehört ebenso dazu wie die Erhaltung eines Regenwalds in Costa Rica. In Sri Lanka etwa werden mit Solarenergie Zäune betrieben, die das friedliche und unfallfreie Zusammenleben von Menschen und Elefanten auf der Insel gewährleisten sollen.

Umgang mit Müll ist eine Herausforderung für Tunesien, das der wachsende Tourismus noch vergrößert. Auch wenn Umwelterziehung auf dem Lehrplan der Schulen steht, werden weniger als zehn Prozent der Abfälle gesammelt und einer Verwertung zugeführt - hier sei der Beitrag wichtig, Tourismus nachhaltig zu gestalten und bleibende Verbesserungen im Land zu bewirken, sagt Alexander Panczuk von der Tui Care Foundation.

Besonders im Fokus: die Frauen. Ein weiteres Projekt zielt darauf ab, jungen Frauen in Tunesien durch höhere Ausbildung bessere Jobchancen zu ermöglichen, ihre Arbeitslosigkeit ist im Land doppelt so hoch wie die der Männer. Im Tui-Futureshapers-Programm werden Mentorinnen ausgebildet, die ihrerseits 500 Mädchen und jungen Frauen berufsorientierte Zusatzqualifikationen vermitteln, etwa im Tourismus. "Eine lehrreiche und interessante Reise" nennt Khawla, eine der Teilnehmerinnen, das Programm. Konkretes Fachwissen, aber auch Zeitmanagement oder Techniken für den Umgang mit unerwarteten Rückschlägen werden vermittelt.

Programme wie die Workshops zur Abfallverwertung erlauben Blicke hinter die Kulissen einer oft unterschätzten Reisedestination vor der Haustüre Europas. Nur gut zwei Stunden Flug trennen Tunesien von Wien oder Salzburg - ein Sprung in eine andere Kultur. In Sidi Bou Saïd braucht es nicht viel Fantasie, um sich in die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht zu versetzen. Weiße, kastenförmige Häuser mit blauen Fensterläden ducken sich an einen Hang, der jäh zur Küste abfällt. Palmen, gemusterte Fliesen und Kacheln, wuchernde Bougainvilleen und Blumentöpfe schaffen Stimmung, ein Paradies für Landschaftsmaler und Souvenirverkäufer. Viele kleine Galerien und Kunsthandwerksläden wechseln sich ab mit schattigen Cafés. Der gesamte Ort ist ein einziges großes Postkartenmotiv, manch einer fühlt sich an griechische Inseln wie Santorin erinnert.

Die Ähnlichkeit ist nicht zufällig. Die Kulturen um das Mittelmeer haben immer einander beeinflusst und befruchtet. Manche haben sich auch leidenschaftlich bekämpft. Mit dem Satz "ceterum censeo Carthaginem esse delendam" ("im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss") soll der römische Politiker Cato der Ältere stets seine Reden im Senat beendet haben - bis sich im Jahr 150 v. Chr. der Senat dieser Haltung anschloss. Im Dritten Punischen Krieg wurde das ursprüngliche Karthago komplett zerstört. Das später von den Römern neu aufgebaute Karthago ist heute ein Vorort der tunesischen Hauptstadt Tunis. Die Spuren der Römer im heutigen Tunesien bleiben aber unübersehbar. Imposantes Zeugnis dafür: das Amphitheater von El Djem mit 35.000 Sitzplätzen. Es ist dem Kolosseum in Rom nachempfunden, aber nur halb so groß. Trotzdem ist es das mit Abstand wichtigste Kolosseum in Afrika - an der Schnittstelle der Kulturen von Rom, Byzanz und Ägypten.

INFORMATION:

Flüge:

Neuer Direktflug Salzburg-Monastir mit Nouvelair, ab 10. Juli bis 25. September, www.nouvelair.com/en,www.salzburg-airport.com
Direktflug Wien-Tunis mit Tunisair, jeweils donnerstags und sonntags, www.tunisair.com/en

Essen und Schlafen:
Boutiquehotel Dar Ben Gacem in Tunis, setzt sich für den Erhalt alter Bausubstanz in der Medina (Altstadt) von Tunis ein, sehr gutes Restaurant,
darbengacem.com, www.dareljeld.com
Tui Blue Scheherazade Hotel in Sousse,
www.tui.at/hotels/tui-blue-scheherazade-4131/hotelinformation

Nachhaltigkeit:

Workshops in Tunesien und Auskünfte zur Tui Care Foundation, www.tuicarefoundation.com/de

Weitere Auskünfte:

Tunesisches Fremdenverkehrsamt, www.discovertunisia.com