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Salzburger Festspiele: Die Pandemie hat ein Nachspiel vor Gericht

Der Prozess gegen die Salzburger Festspiele entfaltet eine verzwickte Frage: Warum ist der, der einen Sänger bezahlt, nicht sein Dienstgeber?

Kläger Martin Thoma und 'art but fair'-Sprecher Wolfgang Ablinger-Sperrhacke
Kläger Martin Thoma und 'art but fair'-Sprecher Wolfgang Ablinger-Sperrhacke

Wer ist Vertragspartner? Wer hat bezahlt? Wer hat die Sänger nominiert? Um diese Fragen kreiste die erste Gerichtsverhandlung, die ein Chorsänger gegen die Salzburger Festspiele angestrebt hatte. Martin Thoma hatte mit Unterstützung von "Art but fair united" und deren Initiator, dem bayerischen Kammersänger Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, geklagt. Streitpunkt sind die Salzburger Festspiele 2020, also der erste Sommer der Pandemie. Der Chorsänger war im ursprünglichen Programm engagiert. Doch obwohl im reduzierten Programm Chöre auftragen und obwohl er bereits an Proben teilgenommen hatte, kam er nicht zum Zug. Die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor konnte für Opern in Salzburg statt geplanter über 150 nur 30 Chorsänger stellen, da war der Kläger nicht mehr dabei.

Wer ist Vertragspartner eines Chorsängers?

Vor dem Arbeits- und Sozialgericht in Wien ging es am Mittwochvormittag noch nicht um die Frage, ob sein Vertrag unrechtmäßig aufgelöst worden wäre, sondern nur darum: Wer war sein Vertragspartner? Wurde er von den Salzburger Festspielen oder der Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor engagiert. Auch wenn Vertreter der Salzburger Festspiele selten vor Gericht erscheinen, war das Publikum klein. Unter sieben Zuhörern waren zwei Journalisten sowie Intendant Markus Hinterhäuser und Wolfgang Ablinger-Sperrhacke.

Der Kläger und der von Lukas Crepaz vertretene Salzburger Festspielfonds waren mit je einem Anwalt da. Zwei Zeugen wurden vernommen: der sommers in Salzburg engagierte Chordirigent Ernst Raffelsberger und Petra Gaich als Opernverantwortliche im Künstlerischen Betriebsbüro der Salzburger Festspiele. Beide sowie der Kaufmännische Direktor Lukas Crepaz versicherten: Mit der Konzertvereinigung sei stets vereinbart, am ersten Probentag in Salzburg einen einstudierten Chor zu stellen. Dafür gebe es einen Rahmenvertrag. Die Konzertvereinigung nominiere die Sänger und organisiere die Einstudierung in Wien. Sie kommuniziere auch Organisatorisches in Salzburg mit den Sängern.

Konzertvereinigung schickt Listen mit Namen

Allerdings: Bezahlt werden die Chorsängerinnen und -sänger von den Salzburger Festspielen. Für ein Akonto zu Probenbeginn und für das endgültige Honorar schicke die Konzertvereinigung jeweils im Juni und Mitte August Listen mit Namen und Beträgen, erläuterte Petra Gaich. "Das zahlt unsere Lohnverrechnung direkt auf die Konten der einzelnen Sänger."

Warum zahlt nicht die Konzertvereinigung, bohrte Richterin Patricia Wolf nach. "Das ist eine gute Frage", erwiderte Lukas Crepaz. "Da bin ich auch nicht draufgekommen." Jedenfalls sei es "eine seit Jahrzehnten geübte Praxis", dass die Salzburger Festspiele die Sänger und Sängerinnen ab dem Beginn der Proben bezahlten. Er vermute, dies sei durch eine "strenge Sicht der Gebietskrankenkasse" bedingt, derzufolge jeder Künstler ab drei Tagen Anwesenheit sozialversicherungspflichtig sei. Die Genesis dieser Praxis sei also "keine arbeitsrechtliche, sondern eine sozialversicherungsrechtliche".

Nächste Gerichtsverhandlung am 8. April

Das Arbeitsrechtsverfahren des Chorsängers ist juristisch unabhängig von diversen Strafanzeigen, die Wolfgang Ablinger-Sperrhacke im Namen von "Art but fair united" seit Anfang Dezember mit ähnlichen Begründungen gegen das damalige Direktorium der Salzburger Festspiele eingebracht hat. Diesbezüglich müssen Staatsanwaltschaften erst entscheiden, ob ein relevanter Verdacht zu erkennen ist.

Der Prozess vor dem Arbeitsgericht wird am 8. April fortgesetzt.

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