SN.AT / Kolumne / Absolut LA / Absolut LA

So lässt sich mit Couchsurfing die ganze Welt erobern

Warum die Beziehung meiner Nanny in Los Angeles nicht lange hielt und sie fortan mit "L. A."-Männern nichts mehr zu tun haben will. Eine kleine Geschichte von "Nuts"und "Flakes".

Kathrin Pilz

L. A. ist wie Müsli - voller flakes (Flocken) and nuts (Nüsse)". Im L.-A.-Jargon ist "flakes" ein Synonym für unzuverlässige Menschen. Und "nuts" bedeutet Verrückte. Jeder, der in Los Angeles als "Single" auf der Suche nach dem richtigen Partner für’s Leben unterwegs ist, wird bestätigen können, dass an dem Sprichwort etwas dran ist.

Es ist nicht nur nicht einfach, hier Mr. oder Mrs. Right zu finden. Das berühmte "Dating" gestaltet sich in L. A. außerdem komplizierter als in den meisten anderen Städten. Anders als in New York oder Wien, wo alle zu Fuß unterwegs sind, trifft man hier niemanden "zufällig" auf der Straße. Ein "Date" muss sorgfältig geplant sein, da Los Angelinos oft weit auseinander wohnen. Pasadena und Santa Monica bedeutet zum Beispiel eine Stunde Freeway.

Hat man kein Auto, ist so eine Distanz ohnehin quasi unüberwindbar, denn es gibt kaum öffentliche Verkehrsverbindungen. Kommt man endlich zusammen, kann man nur hoffen, es handele sich um keinen der vielen hoffnungsvollen Schauspieler, die meist unter Geldmangel, einem unvorhersehba-
ren Arbeitsrhythmus und einem fragilen Ego leiden, das zwischen Selbstüberschätzung und Selbstmitleid schwankt. Deshalb war unsere 21-jährige deutsche Nanny Sophia überglücklich, als sie Spencer kennenlernte. Der 32-jährige Jungunternehmer, der Filme produziert, ist kreativ, intelligent, verlässlich, charmant und gut aussehend. Sie verstanden sich blendend und Sophia beschloss bald, bei ihm einzuziehen. Doch bald musste sie feststellen, dass Spencer unter der Kategorie "nuts" einzuordnen war. Er gehörte gleich zwei gewöhnungsbedürftigen Vereinigungen an: 1. Scientology - der berüchtigten Sekte, die es Katie Holmes verunmöglichte, an der Seite des "Hardcore"-Scientologen Tom Cruise alt zu werden; und 2. Couchsurfing - der größten internationalen Schlafplatzbörse.

Ließ Scientology schon alle Alarmglocken klingeln, war für Sophia das Couchsurfing der endgültige Dealbreaker: "Ich wusste nie, welchen Wildfremden ich abends bei uns zu Hause antreffen würde. Jede Nacht schlief jemand anderer auf unserem Sofa. Meistens totale Verlierertypen, die unseren Kühlschrank leerten." Freund Spencer hatte sich als "Gastgeber" auf der Website Couchsurfing eingetragen, wo man als registriertes Mitglied überall auf der Welt gratis ein Bett findet - bei Leuten, die man nur übers Internet kennengelernt hat. "Auf diese Weise bringe ich die ganze Welt zu uns", meinte er zu Sophia, als sie sich beschwerte, dass diese "Stranger" ihr nicht geheuer seien.

Tatsächlich gab es 2009 einen Zwischenfall, bei dem eine Couchsurferin aus Hongkong bedroht und mehrmals vergewaltigt wurde. Spencer ließ sich davon nicht beeindrucken. "Man bekommt alles zurück im Leben", war sein Argument. Sophia zog daraufhin aus und hat vorerst die Nase voll von den Männern dieser Stadt.