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Das große "Lindenstraße"-Finale: "Die Ziegler hat ihn wirklich nicht geschubst"

Das letzte Spiegelei der "Mutter der Nation" und noch einmal Tränen, Streit, Küsse, Versöhnung sowie Zwischenschnitte von München: Nach 34 Jahren und 1758 Folgen ist die deutsche Kultserie beendet.

Martin Behr
Alte und neue Liebe: Klaus Beimer (Moritz A. Sachs) und Nina (Jacqueline Svilarov) in der 1758. und letzten Folge der „Lindenstraße“.
Alte und neue Liebe: Klaus Beimer (Moritz A. Sachs) und Nina (Jacqueline Svilarov) in der 1758. und letzten Folge der „Lindenstraße“.

Wolf Lohmaier ist tot. Er ist auf der Baustelle des Hotels in die Tiefe gestürzt. Bloß wie und warum? Da er sich kurz vorher mit Anna Ziegler gestritten hat, stellt sich die Frage: Wurde Wolf etwa von Anna gestoßen? Anna ist jetzt kopflos, hat Ängste und weint. "Es war ein Unfall. Ja, wir haben gestritten, aber ich habe ihn nicht umgebracht" sagt sie und ein fehlender Vorvertrag für den Verkauf des Hotels erhöht noch die Problemlage. Auch Helga Beimer (Marie-Luise Marjan), die das finale Spiegelei brät, ist echauffiert. Aufregung pur zum großen Finale in der Münchner "Lindenstraße".

Mit der Folge 1758 (Titel: "Auf Wiedersehen") ging am Sonntagabend auf ARD die legendäre deutsche Seifenoper nach 34 Jahren zu Ende. Die einschlägig vorbestrafte Anna Ziegler wird von der Polizei einvernommen und die Nahaufnahme der Kamera zeigt - fast wie bei "Sturm der Liebe" - das Gesicht einer Frau, die eine verzweifelte Frau spielt. Dann Rückblenden. Die "Lindenstraße", wie man sie kennt: Das Drama ist spürbar, greifbar, doch schon in der nächsten Szene darf das Publikum durchatmen. Entlastung - Belastung - Entlastung. Bis zum Cliffhanger. So lautete das Erfolgsrezept einer Serie, in der Zeitgeschehen und Gesellschaftspolitik stets Thema waren.

Auch Gabi Zenker (die Salzburgerin Andrea Spatzek) ist noch einmal zu sehen, 34 Jahre lang war sie ein wichtiger Bestandteil der Serie. Faszinierend: Fast ein ganzes Berufsleben hat sie für das TV-Projekt gearbeitet. Zurück zum Inhalt: Der verbindliche Vorvertrag wird alsbald in einer Mülltonne gefunden, Helga Beimer, die "Mutter der Nation", besucht das Grab von Hans Beimer, bringt dann der Polizei den Vertrag und sagt als Zeugin aus: "Ich bin gekommen um zu sagen, was ich gesehen habe." Nämlich, dass Wolf bei einem Schritt zurück in die Tiefe gestürzt sei: "Die Ziegler hat ihn wirklich nicht geschubst". Doch kein Verbrechen. Wäre ja etwas zu heftig gewesen zum Abschluss. Helga und Anna kommen sich - in Nahaufnahme - wieder näher, Umarmung, Küsse, Tränen: "Oh!"

Dann schreitet Helga die Lindenstraße ab. "Ihre" Lindenstraße. Blickt rundum mit wechselvollem Mienenspiel und betritt das Lokal "Akropolis", wo ihr 80. Geburtstag gebührend gefeiert werden soll. "Happy Birthday to you" ist zu hören und tosender Applaus, der auch dem Serienende gelten könnte. Noch ein letztes Mal Musik, die diesmal auch bei Nicht-"Lindenstraßen"-Fans so etwas wie Gänsehaut vermittelt. Die Kamera steigt in die Höhe und zeigt München aus der Vogelperspektive. Aus der kleinen Welt hinaus ins große Ganze. Was fehlt, ist diesmal der angekündigte packende Cliffhanger.

Schluss, Aus, Opernhaus. Eine deutsche Kultserie ist endgültig Fernsehgeschichte. Aber: Es wird Wiederholungen geben. Auf Wiedersehen.