Die Regierung beordert unsere UNO-Friedenserhalter von den Golanhöhen in die kriegslosen Kasernen der Heimat zurück, weil sie vor der Wahl tödliche Zwischenfälle fürchtet. Mit engagierter Außenpolitik kann man eben im politischen Wettbewerb keinen Blumentopf gewinnen.
"Mir san mir!" Das Sterben in Syrien schert uns wenig. Der Applaus für SPÖ und ÖVP eines "außer Rand und Band geratenen Zeitungsboulevards" - so die "Salzburger Nachrichten" am 7. Juni - bestätigte das prompt. Viele Gratis- und andere Blätter von niedrigem Wert hätten Faymann, Spindelegger & Co. als tägliche Sau durchs Dorf getrieben, wäre bei einem rot-weiß-roten Blauhelm auch nur die kleinste Blutung nach dem Rasieren aufgetreten.
Die Frage ist daher, ob Kanzler und Vizekanzler seitens der Politikbeobachter wirklich ein Vorwurf zu machen ist. Das dramatische Vergleichsbeispiel dazu: 1993 hatte die Bande des Warlords Farah Aidid 17 US-Soldaten nicht bloß umgebracht, sondern blutüberströmt als fernsehgerechte Trophäen durch die Straßen von Mogadischu geschleift.
Sogar das größte Kommunikationsgenie der Vergangenheit, ein frischgebackener Präsident namens Bill Clinton, benötigte Jahre zur Wiederherstellung seines ramponierten Images. Bis zur österreichischen Nationalratswahl sind es 111 Tage, und weder Faymann noch Spindelegger sind gemäß Clintons Spitzname "The Comeback Kid".
Die Rolle kritischer Beobachter und Medien war damals zweifelhaft. Die an der Küste Somalias landenden Truppen der USA hatten anfangs als einzige Gefahr ein Blitzlichtgewitter erlebt. Kamerateams und Fotografen waren am Vortag ans Meeresufer gepaddelt und hatten in aller Ruhe ihre Satellitenschüsseln und Stative aufgestellt. Ohne Risiko, denn Aidids Mörder waren klug genug, den militärtechnisch unendlich überlegenen Gegner nicht am offenen Strand treffen zu wollen.
Renommierte TV-Sender des Typus CNN, welche jedweden Boulevardverdacht empört von sich wiesen, standen an vorderster Front. Erst die konträre Bildermacht der toten Soldaten führte zur außenpolitischen Wende der USA vom Internationalismus zum Isolationismus. Amerikas Journalisten hatten es plötzlich immer schon gewusst.
Warum sich um etwas kümmern, das gefährlich ist und Wahlniederlagen beschert? Das klingt verdächtig nach dem uns wohl vertrauten "Bloß kane Scherereien!".
Hand auf"s Herz: Hierzulande würden viele Befürworter des UNO-Mandats, die fern boulevardeskem Denken sind, beim Schnappschuss einer Golanleiche aus Österreich genauso umschwenken. Die totale Regierungsschelte bis hin zum Vorwurf der Unwählbarkeit wäre vorhersehbar.