Die Waffenhändler sind nicht gut auf mich zu sprechen. So hieß es wörtlich in einem Leserbrief, nachdem ich im Fernsehen - von den Imagedaten her korrekt - diese sowie Politiker und Zuhälter als Berufsgruppen mit schlechtem Ruf bezeichnet hatte. Interessant ist, dass es von den Strizzis und seitens der Politik mir gegenüber keine Beschwerden gab.
Dabei wäre insofern eine Entschuldigung angebracht, weil der Zusatz fehlte, dass Durchschnittszahlen sich naturgemäß aus im Einzelfall sehr unterschiedlichen Vertrauenswerten ergeben. Hersteller von Jagd- und Sportfeuerwaffen befinden sich statistisch in einer Kategorie mit dem "Lord of War" Yuri Orlov. Auch könnte die seit der Eurofighter-Debatte geringe Beliebtheit des Lieferkonzerns das arithmetische Mittel der gesamten Branche nach unten drücken. Das ist ein bisschen unfair.
Genauso sind Pauschalurteile bei Politikern falsch. Da gibt es viele extrem engagierte und äußerst kompetente Personen. Was meine feste Überzeugung ist, und ebenfalls empörte Reaktionen der Leser auslösen dürfte. Ihnen halte ich entgegen, dass Wutbürger mit berechtigten Emotionen über Politik noch widersprüchlicher sind.
Der mir schreibende Waffenhändler verwies auf seine Ausstattung von Sicherheitskräften - niemand wolle von Soldaten oder Polizisten mit Spritzpistolen beschützt werden -, um zeitgleich Politiker umfassend als jemanden, "der Steuergeld und Arbeitsplätze vernichtet, zum großen Teil korrupt ist und das Volk belügt", zu bezeichnen. Auf meine Verwunderung hin, warum er mit dem von "solchen Typen" geleiteten Verteidigungs- oder Innenministerium Geschäfte mache, wurden diese zu Ausnahmen erklärt.
Das ist ein Muster der inneren Zerrissenheit von Wutbürgern. "Die Politiker" werden generell abqualifiziert, während man dasselbe als Betroffener ablehnt. Nicht nur "die Waffenhändler" tun das. Sind "die Pensionisten" ausnahmslos mit 60 Jahren in Frühpension? Verdienen "die Lehrer" alle mit Nachhilfe Schwarzgeld? Sind "die Beamten" alle Formularfetischisten? Nein. Aber für den Wutbürger prägen leider einzelne Negativbeispiele das Gesamtbild. Die wutbürgerliche Spaltung reicht noch weiter. Er regt sich zu Recht über "A bissal was geht immer!" in Politik und Wirtschaft auf. Doch ist Schummeln bereits in der Schule eine gesellschaftlich anerkannte Sportart. Bei der berechtigten Empörung über Steuerhinterziehung en gros wird vergessen, ob man selbst einmal die Frage "Brauchen’S a Rechnung?" verneint hat.
Auch fehlen nach richtigen Einwänden zum politischen System oft konkrete Verbesserungsideen. Wir sind Lebenskünstler im Sich-Arrangieren mit dem, was wir kritisieren und ablehnen.