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Fragen an die Abgeordneten

Das Parlament soll die Regierung kontrollieren. Doch National- und Bundesrat drohen zum Wurmfortsatz von Sekretariaten, Teilorganisationen und Ländergruppen der (Regierungs-)Parteien zu werden.

Das Parlament ist eine Versammlung von Volksvertretern, welche Gesetze zur Regelung des Zusammenlebens der Staatsbürger beschließen und die Regierung kontrollieren soll. Auch unabhängig vom Begräbnis auf Raten für den Untersuchungsausschuss sieht die Realität in Österreich anders aus. National- und Bundesrat drohen zum Wurmfortsatz der (Regierungs-)Parteien zu werden.

Mit Ausnahme der Grünen kann man den Abgeordneten viele Fragen nach dem Sinn ihres Lebens stellen: Seid ihr in eurem Selbstverständnis Treuhänder von Wählerinteressen oder Parteidelegierte? Wer kann im Brustton der Überzeugung verneinen, sich im Zweifelsfall dem Druck zu beugen, dass nur die Partei sichere Listenplätze für die nächste Wahl garantieren kann? Ist es nicht so, dass ihr mit steigendem Unbehagen viele Frustgefühle der Bevölkerung teilt und zugunsten der parteilichen Nibelungentreue unterdrückt?

Seid ihr ein Arbeitsparlament, wo aus Gestaltungsideen Gesetze entstehen, oder ein Redeparlament, dessen Entscheidungen durch Regierungsvorlagen feststehen? Genügt es, eine Arena darzustellen, wo Wähler auf der Tribüne ritualisierten Wortgefechten zusehen?

Warum gibt es in Ministerien legislative Abteilungen, und ausgerechnet im Parlament als Ort der Gesetzgebung nicht? Beschließt ihr das Budget und seid nicht in der Lage, euch für die eigene Arbeit anständige Ressourcen zu sichern? Wer hindert euch, wenigstens die Gelder für mehr persönliche Mitarbeiter zu erhöhen, und die Förderung der Parteiklubs minimal zu kürzen?

Wer ist mächtiger, ein Klubsekretär oder ihr? Zählt eure Meinung oder jene des ländlichen Fürsten aus dem Heimatbundesland? Kommen nach Parteizentrale und Landesparteichef auch die Interessen von Bünden, Kammern, Gewerk- oder gar Burschenschaft vor eurem Standpunkt?

Wie habt ihr euch gefühlt, als Kanzler und Vizekanzler via Pressekonferenz dem Nationalrat seine Verkleinerung vorschlugen? Falls da und in anderen Fällen die Stimmung schlecht war, warum unterwerft ihr euch sklavisch dem Diktat einer medialen Sprachregelung? Lebt ihr untereinander sowie mit Parteikollegen in (früheren) Regierungsämtern eine Kameradschaft, dass man sich bei politischen und manchmal strafrechtlichen Untaten wider besseres Wissen die Mauer macht?

Die Parteiendemokratie hat Verdienste. Niemand will euch als Haufen wild gewordener Einzelkämpfer, die populistisch die Mehrheitsmeinung ihres Wahlkreises bedienen. Es läge aber in eurer Hand, dass die parlamentarische Arbeitsgruppe Demokratiereform Ergebnisse bringt, welche die Rolle des Parlaments und seiner Abgeordneten stärken. Werdet ihr die Chance nutzen?