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Die heutigen "Populisten" sind nur eine schlechte Kopie

Wer so tut, als rede er dem Volk nach dem Maul, hat oft nicht mehr zu bieten als flotte Sprüche ohne jegliche Substanz.

Viktor Hermann

Es ist Zeit, eine Lanze zu brechen für die populistischen Politiker. Jene, die sich zu Recht so nennen durften. Die "Populist Party" war eine politische Bewegung in den USA des späten
19. Jahrhunderts (1891 bis 1908). Das war eine politische Bewegung, die sich tatsächlich gegen die Eliten Amerikas auflehnte, weil deren Politik den Farmern des Südwestens und des Mittelwestens das Leben schwer machte. Die Populisten waren antirassistisch (in ihren Führungsgremien waren viele Afroamerikaner),
sie erkämpften demokratischen Fortschritt (die Direktwahl der Senatoren geht auf sie zurück) und sie kämpften für die Rechte der Frauen. Eine recht fortschrittliche Truppe war das also.

Und somit haben sie nichts, aber schon gar nichts mit den rückwärtsgewandten, xenophoben und autoritären Politikern gemein, die man heute als Populisten bezeichnet. Unsere heutigen "Populisten" behaupten zwar, sie verträten das Volk, ja manche von ihnen reklamieren gleich, sie seien selbst "das Volk", was im Rückschluss ja bedeutet, dass flugs als "Volksverräter" diffamiert wird, wer nicht auf derselben politischen Welle schwimmt oder gar wagt zu widersprechen.

Das Muster funktioniert überall: Donald Trump (USA), Nigel Farage (Großbritannien), Marine Le Pen (Frankreich), Geert Wilders (Niederlande), Viktor Orbán (Ungarn), Jarosław Kaczyński (Polen) und viele andere attackieren politische Gegner mit Vorliebe nicht mit Argumenten. Sie verweigern die Diskussion und machen jeden politisch Andersdenkenden einfach nieder. Und da ja jeder dieser Politiker (auch die Herren Strache und Hofer von der FPÖ) sich als der einzig wahre Volksvertreter betrachtet, gilt ihnen jeder Kritiker als einer, der dem finsteren Establishment dient.

Da kommt schnell der Vorwurf der "Ausgrenzung", wiewohl ja die Ablehnung Andersdenkender und Andersartiger konstituierendes und zentrales Merkmal dieser Parteien ist.

Erstaunlich ist bei all diesen Leuten das Fehlen einer demokratischen Struktur innerhalb des eigenen Lagers. Trump liegt mit der Republikanischen Partei im Clinch. Farage hat sich von seiner UKIP längst abgesetzt und dort lösen sich die Parteichefs im Wochentakt ab. Marine Le Pen hat den eigenen Vater in die politische Wüste geschickt, und Geert Wilders hat vorsichtshalber keine Partei mit echten Menschen hinter sich, kann folglich auch nicht gestürzt werden.

Moderne Populisten müssen bei all ihrer eigenen Aggressivität also ständig über die Schulter schauen, denn irgendwo könnte ja der nächste (innerparteiliche) Wolf lauern, der gern an der Spitze der Bewegung stünde und die Chance auf eine Position als unumschränkter Autokrat wahren möchte.