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Die Keystone Cops regieren den mächtigsten Staat der Erde

Vor hundert Jahren waren sie im Stummfilm unverzichtbar. Heute machen einem ihre Wiedergänger große Angst.

Viktor Hermann

Kennen Sie die Keystone Cops, manchmal auch Keystone Kops geschrieben? Das war ein Element des amerikanischen Stummfilms zwischen 1912 und 1917, also vor genau einem Jahrhundert. Das war eine Truppe chaotischer, unfähiger Polizisten, die in hektischen Verfolgungsjagden das Publikum zum Lachen brachten. Die Besetzung dieser komischen Rollen mit Schauspielern wechselte ständig.

Das erinnert nicht nur entfernt an die derzeitigen Verhältnisse im Machtzentrum der einzigen verbliebenen Supermacht USA. Betrachtet man die vergangene Woche in Washington, dann übertrifft das Weiße Haus die chaotischen Keystone Cops bei Weitem.

Zunächst scheiterte der x-te Versuch der Republikaner, die von dieser Partei und ihrem Präsidenten so sehr gehasste Gesundheitspolitik von Barack Obama abzuschaffen. Den Versuch, Obamacare durch ein neues Modell vom Typ Trumpcare zu ersetzen, machen die Republikaner schon gar nicht mehr. Dabei bricht einer der Senatoren aus der ohnehin schwachen Parteidisziplin aus und liest seinen Kollegen ordentlich die Leviten.

Donald Trump erinnert sich daraufhin daran, dass er ja in seinem tiefsten Inneren das Chaos liebt, und desavouiert seinen treuesten Anhänger in der Regierung, Justizminister Jeff Sessions. Er mobbt den Mann öffentlich in Tweets, weil er hofft, Sessions werde sich beleidigt zurückziehen. Kurz danach nominiert Trump einen neuen Chef der Kommunikation im Weißen Haus, Anthony Scaramucci, einen Italo-Amerikaner aus New York, der nach Ansicht seiner Gegner nur deshalb nicht Teil der organisierten Kriminalität ist, weil er Desorganisation zu seiner zweiten Natur gemacht hat.

Das treibt den bisherigen Pressesprecher Sean Spicer zum Rücktritt, was die Performance der Kommunikation des Weißen Hauses mit den Medien verbessern könnte, hätte Scaramucci irgendwann in seiner Kindheit zivilisierte Umgangsformen gelernt. Scaramucci, genannt "The Mooch", was so viel heißt wie "der Schleimer", drängt daraufhin den Stabschef des Weißen Hauses, Reince Priebus, ins Aus, den Trump prompt durch einen Ex-General ersetzt. Nach nur zehn Tagen feuert Trump den neuen Kommunikationsdirektor.

Jetzt sind so viele Mitglieder der Familie Trump und so viele Generäle in der Schaltzentrale der Supermacht am Werk, dass das Ganze stark an jene unseligen lateinamerikanischen Diktaturen erinnert, die von den USA früher einmal unterstützt, aber nie nachgeahmt wurden.

Verglichen damit sind die hektisch-chaotischen Keystone Cops eine geordnete Truppe. Kann bitte irgendjemand den Filmprojektor abschalten und die Normalität zurückholen?