ICH bin vor Kurzem auf das Geheimnis für ein langes, gesundes und erfülltes Leben gestoßen: Ikigai. So nennen die Japaner das, wofür es sich lohnt, morgens aufzustehen. Auf der japanischen Insel Okinawa kennen besonders viele Menschen ihr persönliches Ikigai. Für einen 101-jährigen Fischer bedeutet es etwa, drei Mal pro Woche Fisch für seine Familie zu fangen. Eine 102-jährige Frau beschreibt ihr Ikigai als die Kunst, ihre Ururenkelin umarmen zu können; jede Umarmung sei ein Sprung in den Himmel, wird sie in einem Artikel zitiert. Die Bewohner der Insel Okinawa zählen zu den glücklichsten Menschen der Erde. Und zu den ältesten.
Ich habe einen Großonkel, den ich sehr bewundere. Wann immer es brenzlig wird in seinem Leben, erinnert er sich an seine Lebensweisheit: "Es lohnt nicht, den Kopf in den Sand zu stecken, dort unten ist die Luft so schlecht", sagt er oft. Das hat ihn stets über Wasser gehalten. Und sein unermüdlicher Blick für die kleinen Schönheiten des Lebens. Mittlerweile ist er 98 Jahre alt.
Was mein eigenes Ikigai betrifft, bin ich noch unschlüssig. Bis ich es herausgefunden habe, hole ich mir jedenfalls ein paar Anregungen von einem Kalender, der auf meinem Schreibtisch steht. Wöchentlich gibt er mir Gute-Laune-Tipps: "Lebe für die Momente, die du nicht in Worte fassen kannst" steht da beispielsweise. Oder: "Wer die Gegenwart genießt, hat in Zukunft eine wunderbare Vergangenheit".
Allerdings widersprechen sich manche dieser Weisheiten auch. An anderer Stelle heißt es nämlich: "Schau immer nur nach vorn!" Sollte man also die Gegenwart genießen, um in der Zukunft eine wunderbare Vergangenheit zu haben oder ist sowieso das Einzige, was zählt, das Zukünftige? Wahrscheinlich ist es sinnvoll, von allem ein bisschen zu übernehmen. Nach vorn, zurück und zur Seite zu schauen. Das hilft bekanntlich ja auch im Straßenverkehr. Und generell gilt außerdem: "Man muss mit allem rechnen - auch mit dem Schönen!"
Zurück nach Japan und dem persönlichen Lebensglück. Es heißt, wenn man sein Ikigai gefunden hat, ist das förderlich für die Gesundheit. In einer Studie zeigte sich nämlich: Menschen, die nach ihrem eigenen Ikigai leben, haben ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und eine niedrigere Sterblichkeitsrate.
Mein guter Vorsatz für das neue Jahr ist es also, mein persönliches Ikigai zu finden. Damit schließe ich andere Vorsätze quasi gleich mit ein. Zum Beispiel, etwas für meine Gesundheit zu tun. Und bis mein Ikigai feststeht, muss eine Weisheit aus meinem Kalender herhalten: "Am Ende des Tages zählt nur, dass du dir Zeit zum Glücklichsein genommen hast".