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Ein "Tschikweib" hält nicht still

Bernhard Flieher

"Heldentaten? Ah geh!", sagte Agnes Primocic. Bevor mir beim Interview in ihrer bescheidenen Halleiner Gemeindewohnung Mitte der 1990er-Jahre ein anderes, besseres Wort eingefallen wäre, sagte sie: "Hätt' ich mich nicht eingesetzt, wären die erschossen worden - und ich wär' dann mein Lebtag lang nicht froh geworden." 17 Häftlinge holte Primocic aus dem Halleiner Außenlager des KZ Dachau - stets in Gefahr, selbst verhaftet zu werden. Schon in den 1930er-Jahren hatte sie sich für gerechte Arbeitsbedingungen in der Tabakfabrik Hallein eingesetzt, wurde eines der legendären "Tschikweiber" und Kommunistin, leistete Widerstand gegen den Austrofaschismus, saß deshalb vier Mal im Gefängnis. Nach dem "Anschluss" wurde sie auch von der Gestapo mehrfach inhaftiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie Stadträtin in Hallein. Und wenn man ihr zuhörte, wie sie später in Vorträgen vor allem vor Schülerinnen und Schülern von ihren oft abenteuerlichen, gefährlichen Rettungsaktionen erzählte, schien diese Courage eine Selbstverständlichkeit zu sein. Primocic, die 2007 im Alter von 102 Jahren gestorben ist, handelte nach einem einfachen und einfach zu wiederholenden Motto: "Nicht stillhalten, wenn Unrecht geschieht", sagte sie.