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Austria Salzburg: Vor 30 Jahren ging die Reise der Fußballpopstars zu Ende

Austria Salzburg verlor am 11. Mai 1994 ein denkwürdiges Europacupfinale in Mailand. Vergleiche mit heute sind erlaubt.

Richard Oberndorfer

Fast hätte ein Salzburger nach 30 Jahren wieder in einem Europacupfinale gespielt. Dann verpasste diese Woche der Aberseer Konrad Laimer mit Bayern München nach dem Halbfinal-Aus in der Champions League gegen Real Madrid das Finale in London. Wenige Tage danach werden an diesem Samstag wieder Erinnerungen an ein denkwürdiges Fußballfinale vor 30 Jahren wach. Mindestens alle fünf Jahre wird dieser 11. Mai 1994 gerne offiziell zelebriert, weil es damals eben so besonders war. Vor drei Jahrzehnten ging für Austria Salzburg im Europacupfinale in Mailand gegen Inter eine außergewöhnliche Reise zu Ende. An diesem milden Maitag im ehrwürdigen Meazza-Stadion regierte nach dem 0:1 (wie im Hinspiel in Wien) zuerst Traurigkeit, ehe großer Stolz Einkehr hielt. Mit Lainer, Winklhofer, Fürstaller, Aigner und Feiersinger standen fünf Salzburger in der Startelf. Mit dem gesperrten Starstürmer Pfeifenberger wären es sogar sechs gewesen. 7000 Fans aus ganz Österreich waren nach San Siro gekommen. Die Spieler waren nicht nur Fußballer, sie waren Popstars auf dem Rasen. In den Kinderzimmern hingen neben der Boygroup von "Take That" Poster von Pfeifenberger und Co. Noch heute wird an den Stammtischen diskutiert, was gewesen wäre, wäre der Stangenpendler von Marquinho zum 1:0 in der 57. Minute ins Tor gegangen. Die Einheit war der Star. Es waren in einer Mannschaft viele Alphatiere, die sich abseits des Rasens nicht immer "grün" waren, aber auf dem Platz eine verschworene Einheit darstellten.

Das Team von Trainer Otto Baric, selbst eine Kultfigur, vereinte eine ganze Nation, Feindseligkeiten unter den heimischen Klubs wurden für die internationalen Auftritte kurz beiseite gelegt. Es wurde gemeinsam gefeiert - Austria Salzburg spielte für Österreich. Gefühlt wuchsen auch die Anhänger mit den Erfolgen. Bei Siegen wurde gefeiert, bei Niederlagen kaum etwas in Frage gestellt, sondern getröstet.

Identifikation und Nachhaltigkeit sind heute im Fußball selten geworden. Es regiert der Mammon, der schnelle Gewinn im internationalen Geschäft. Die Trennung von Spielertypen, die einen Verein nach außen hin stark präsentieren, wird oft hinter den Kulissen und unauffällig vollzogen. Es ist aber ein legitimes Modell - wie etwa beim heimischen Serienmeister Red Bull Salzburg - junge Spieler aufzubauen und sie kurze Zeit später um viele Millionen zu verkaufen. Eine Bindung zu den Fans, wie vor 30 Jahren mit den Salzburger Fußballhelden, ist kaum möglich. Die gern zitierte Nachhaltigkeit bleibt damit aus.

Dabei wurde es vor der internationalen Saison 1994 für Austria Salzburg finanziell eng, das wird gerne vergessen. Präsident Rudi Quehenberger warnte sogar vor einem finanziellen Desaster. Es kam anders. Trotz fehlender großer Einkäufe, aber dem Ausleben verlässlicher Fußballarbeiter, die wohl keine außergewöhnlichen Feinmotoriker waren, aber lästig für jeden Gegner, ging der Erfolgslauf los. Legenden entstanden nur, weil der unbändige Einsatzwille und das Gewinnenwollen so dominierte. Aktuelle Vergleiche mit Bayer Leverkusen sind erlaubt. Wenige Tage nach dem 11. Mai wurde Austria Salzburg übrigens erstmals österreichischer Fußballmeister. Am 24. Mai wollen die Legenden mit einem Fest sich selbst feiern.