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Herbstelegie

Was ist bloß aus der einst stillen und güldenen Jahreszeit geworden?

Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch daran, wie eindrucksvoll der Herbst in vergangenen Zeiten war: Ein spektakuläres Farbenspiel von unzähligen Rot-, Orange- und Gelbtönen, umrahmt vom tiefen Blau eines strahlenden Himmels, verzauberte nicht nur das Auge, sondern auch die Seele und den Geist. Das letzte Aufbäumen der Natur in all ihrer Pracht, bevor sie sich ihrem unausweichlichen Schicksal fügte und unter dem unerbittlichen, eisigen Atem des Winters erstarb, inspirierte einst Poeten zu ihren schönsten Werken.

Doch die ehemals stille und güldene Jahreszeit gibt es heute nur mehr in der Erinnerung, wie wir jedes Jahr aufs Neue schmerzlich erfahren müssen, denn heute ist alles anders: Kaum ist das erste zarte Ahornblättchen in das Karree des gepflegten Rasenteppichs gefallen, heben schreckliche Herbststürme an, verdunkeln den Himmel und jagen durch Gärten und Parks, um mit tosendem Höllenlärm Blätter, Staub, Steine, streunende Igel, spielende Kinder und verdutzte Pensionisten durch die Lüfte zu wirbeln. Höchste Zeit, die leicht vergilbte Herbstpoesie auf den neuesten Stand der Technik zu bringen - hier ein prominentes Beispiel.

Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren und lass die Laubgebläse los.

Befiehl den braunen Blättern flink zu sein. Weise den Weg des Herbstes fauler Plage, dräng sie zum Container hin und jage sie mit Hochdruck über Flur und Hain.

Wer nicht im Haus bleibt, der wird fortgeblasen. Wer nicht schon taub ist, wird nicht friedlich bleiben, wird zürnen und Beschwerdebriefe schreiben und der Feinstaub wird über dem Rasen hoch im Himmel mit den Blättern treiben.