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Was schlechte Nachrichten mit dem Zahnarzt zu tun haben

Geht's Ihnen auch so? Eine bekannte österreichische Schauspielerin hat neulich in einem Interview gesagt, sie könne kaum mehr die späten Abendnachrichten im Fernsehen anschauen, weil sie sich dann so schwer tue mit dem Einschlafen. Dass jetzt auch noch Schokolade viel teurer geworden ist, trifft sich aber ausnahmsweise gut: Wir werden alle schlanker werden. Ist das nicht mal eine gute Nachricht?

Maria Schmidt-Mackinger
Beim schönsten Regenbogen muss auch Regen sein, heißt es in einem alten Schlager.
Beim schönsten Regenbogen muss auch Regen sein, heißt es in einem alten Schlager.

Ob nun Trump mit seinen Zöllen, Putin mit seinem kriegerischen Terror oder doch der Chinese die Weltherrschaft an sich reißt, die KI uns in den Untergang zieht, Fake News die Gehirne unserer Kinder und Jugendlichen gaga machen, der Klimawandel unseren Planeten an den Rand des Abgrunds führt oder Österreichs Skiteam gegen die Schweizer keinen Stich mehr macht: Bedrohungslagen finden sich inzwischen überall, man braucht nur die aktuellen Nachrichten zu verfolgen.

Wir können uns das Wohnen nicht mehr leisten, wir verdrängen unsere jüngste Geschichte, wir können nicht mehr sinnerfassend lesen und schreiben, Social Media hat uns das Diskutieren abgewöhnt und wir alle leben in einer Blase.

Die Zukunft war früher auch besser, hat der bayerische Komiker Karl Valentin schon gewusst. Ja, manchmal verklären wir die Vergangenheit allzu sehr.

Aber jetzt haben wir einfach Angst. Angst, unser bestehendes Leben, so, wie wir es haben, zu verlieren.

Auch unsere Eltern hatten Angst

Dabei: Angst davor, dass ihre Arbeitskraft in der Zukunft nicht mehr gebraucht wird, weil der technologische Fortschritt alle wegrationalisieren wird, hatten bestimmt auch schon unsere Eltern. Dass wir alle kein Pensionsgeld mehr ausgezahlt bekommen werden, ist eigentlich schon ein Klassiker. Und was soll's, dass wir unseren Kindern keinen Baugrund, keine Garçonnière vererben werden können, weil wir uns keine leisten können - wurde Ihnen zum Start ins Erwachsenenleben etwas geschenkt?

Wir haben Angst davor, dass unser Gesundheits- und unser Schulsystem zusammenbrechen - na, dann sollten wir endlich dafür sorgen, dass Jobs in diesen für die Zukunft so wichtigen Sparten endlich aufgewertet werden, finanziell und ideell. Wir haben Angst vor Rechtsaußen? Dann wählen wir es nicht und versuchen jenen, die hetzen oder die unsicher sind, mit Argumenten und Fakten und nicht mit weiterer Ausgrenzung zu begegnen. Ja, stimmt, Trump oder Putin und auch der Klimawandel werden nicht vom kleinen Österreich aus aufzuhalten sein.

Warum nicht sich einmal selbst engagieren?

Aber ein Anfang könnte ja hier gemacht werden. Wir könnten uns wieder öfter für etwas selbst engagieren - warum nicht auch politisch - und nicht immer darauf hoffen, dass das schon andere machen werden. Wir könnten achtsamer durchs Leben gehen, unseren Kindern wieder mehr vorlesen und ihnen das Handy ruhig mal abknöpfen. Wir könnten wieder öfter zu einem guten Buch oder zu seriösen Medienprodukten greifen, die nicht mit unserer Angst spielen, sondern erklären, warum etwas ist. Dafür könnten wir uns das stundenlange Scrollen durch Instagram und Co. abgewöhnen - ja, nicht nur unsere Kinder tun das. Wir könnten Freundinnen von früher anrufen, die wir ewig schon nicht mehr getroffen haben, und eine schöne Zeit mit ihnen verbringen. Wir könnten statt der Onlinebestellung beim Billigstchinesen wieder mal in der Nähe einkaufen gehen, auch wenn's vielleicht - aber das muss gar nicht sein - ein bisserl mehr kostet. Aber das Einkaufserlebnis ist allemal größer. Und die schlechte Nachricht, dass das Geschäft nebenan zusperren muss, wird damit vielleicht auch vermieden. Wir könnten in ein Konzert gehen und es richtig genießen, statt nur fürs Posting durch die Handykamera zu schauen. Wir könnten uns für die Schweizer freuen, dass sie endlich wieder Seriensieger im Skisport hervorbringen - okay, das geht jetzt vielleicht ein wenig zu weit.

Sich das Glücklichsein wieder leisten

Wir könnten etwas ganz Neues lernen, das wir schon immer lernen wollten - denn dafür ist es nie zu spät. Und wir können uns endlich wieder das Glücklichsein leisten, wenn es zur Million auf dem Konto schon nicht reicht.

Und, ach ja, die Schokolade wird teurer. Aber das ist irgendwie auch eine gute Nachricht: Die zusätzlichen Schlemmerkilos auf der Waage werden sich vielleicht bald finanziell nicht mehr ausgehen. Und der Zahnarzt hat auch weniger zu tun.