Man kann sie verändern, indem man ihr droht, ihr den Geldhahn zuzudrehen - das versucht die Eurozone gerade mit dem Schuldensünder Griechenland.
Man kann sie aber auch verändern, indem man ihre Sprache umbaut. Und was die deutsche Sprache betrifft, braucht es gar nicht viel Einfluss von außen, die Verhunzung der Sprache besorgen wir schon ganz von selbst.
Dabei geht es noch nicht einmal um die Überflutung des Deutschen mit englischen Wörtern. Oftmals ist das ja gar nicht zu vermeiden, wenn wir Wörter für moderne Geräte und Entwicklungen gebrauchen, die halt aus dem englischen Sprachraum kommen und auch bei der Einreise nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz ihre englischen Namen behalten durften.
Es geht vielmehr um die Zerstörung der deutschen Sprache durch Schlamperei, Unwissenheit in puncto Grammatik oder um die bewusste Verschleierung der handelnden Personen.
Manche Wörter werden einfach falsch verwendet. "Zufolge", zum Beispiel, bedeutete einmal, dass das eine das andere bedingt. Beispiel: Einer Explosion zufolge brannte ein Haus ab. Die Explosion war also die Ursache, der Brand die Folge. Heute liest man allenthalben: Einer Meldung zufolge brannte ein Haus ab. Das meint aber nicht, dass die Meldung die Ursache gewesen sei, sondern, dass jemand den Brand gemeldet habe.
Mittlerweile hat der Duden die dümmliche Verwendung des Wortes "zufolge" längst sanktioniert und ins Regelwerk überführt.
Das Gleiche gilt für "evakuieren", was ja nichts anderes heißt als "entleeren". Dennoch gestattet der Duden, dass heutzutage nach einem Erdbeben die Menschen zu Tausenden "evakuiert" werden, wiewohl sie zwar erschüttert, aber doch lebendig sind.
Eine der jüngsten Modeerscheinungen ist das Wort "zeitnah". Politiker, Manager und allerlei andere Leute versprechen, dass irgendetwas "zeitnah" geschehen werde. Das Teuflische an diesem Wort ist, dass es nicht mitteilt, an welcher Zeit sich die Nähe bemisst. Geschieht also etwas bald, nächste Woche oder nah an der nächsten Eiszeit?
Diese Verschleierungstaktik durch Sprache dürfte eine Erfindung von Politikern und ihrer Helfershelfer in der Kommunikationsbranche sein. Denn wer hätte größeres Interesse an der Verschleierung der handelnden Personen als Politiker, die ihren Wählern Schlimmes antun müssen, dies aber möglichst nicht zugeben wollen. So hat sich in die Sprache der exzessive Gebrauch des Passivs eingeschlichen. Nicht die Regierung erhöht die Steuern, sondern "die Steuern werden erhöht". Von wem? Das sagt man lieber nicht so genau. Den Gipfel der Täuschung erreicht freilich die - gar nicht so seltene - Schlagzeile: "Steuererhöhung kommt". Damit ist völlig klar, woher die böse Strategie stammt - von ganz oben, und wir alle können gar nichts dafür.
Ob dieses Missbrauchs der Sprache durch Verhunzung und durch Verschleierung könnte einem auch etwas "kommen", nämlich das Kotzen.
Zum Autor
Viktor Hermann ist Chefredakteur-Stellvertreter der "Salzburger Nachrichten".