Die Universität Mozarteum in Salzburg sucht gut zwei Jahre nach der Neubesetzung wieder einen neuen Rektor. Denn Universitätsrat und Siegfried Mauser haben am Donnerstag den Vertrag per 30. Juni einvernehmlich aufgelöst. Der bisherige Rektor hat offenbar dem Druck nach seiner erstinstanzlichen Verurteilung wegen sexueller Nötigung zu einem Jahr und drei Monaten Haft sowie 25.000 Euro Geldstrafe nicht mehr standgehalten, obgleich das Urteil nicht rechtskräftig ist. In der auf die Vertragsauflösung folgenden Presseerklärung beteuert Siegfried Mauser seine Unschuld, und die Vorsitzende des Universitätsrats, Viktoria Kickinger, zollt ihm Lob.
Siegfried Mauser rechtfertigt seinen vorzeitigen Abschied damit, dass das "in München gegen mich laufende juristische Verfahren" einen Großteil seiner Ressourcen binde. Er beende seine Tätigkeit an der Universität Mozarteum "in meiner Verantwortung für das Haus", das nicht durch die gegen ihn erhobenen, wenngleich ungerechtfertigten Vorwürfe Schaden nehmen solle. Er beteuerte, "dass ich mir im Zusammenhang mit den Anschuldigungen, die zwei Ex-Kolleginnen aus München gegen mich erhoben haben, nichts vorzuwerfen habe". Er habe zwar Grenzen der Höflichkeit missachtet. "Niemals habe ich aber die Grenze der Selbstbestimmung überschritten." Er sei zuversichtlich, dass die nächste gerichtliche Instanz dies anerkennen werde.
Viktoria Kickinger, die noch am Mittwoch im Parlament als Kandidatin für den Rechnungshof angehört worden war, dankte im Namen des Universitätsrats dem scheidenden Rektor für dessen "großen Einsatz". Sie zitierte das "QS World University Ranking" von März 2016, in dem die Universität Mozarteum "topgereiht" sei. Allerdings: Ein Blick ins Internet (www.topuniversities.com) zeigt, dass diese nur auf Platz 36 liegt - weit hinter Wien (Platz 2), Stockholm (11), München (15), Genf (19) oder Köln (24).
Mit der Vertragsauflösung sei viel Unsicherheit von der Universität Mozarteum genommen, sagte Viktoria Kickinger. Und: "Wir zollen Prof. Mauser großen Respekt dafür, dass er seinen persönlichen Rechtsstreit nicht zu einem Thema des Mozarteums hat werden lassen."
Auch der Senat der Universität Mozarteum wird in der Presseaussendung zitiert: "Der Senat begrüßt die Entscheidung des Rektors, eine einvernehmliche Lösung mit dem Universitätsrat herbeizuführen, um Schaden vom Haus abzuwenden."
Mit der Lösung des Vertrags ist das Amtsenthebungsverfahren hinfällig, das der Universitätsrat am
18. Mai eingeleitet hat. Zu der dabei vorgesehenen Anhörung am 25. Mai war Siegfried Mauser krankheitsbedingt nicht erschienen.
"Nach einem schweren Nervenzusammenbruch aufgrund des nicht rechtskräftigen (!) Urteils des Münchner Amtsgerichts, des damit einhergehenden medialen Hypes" sei ihr Mann in psychiatrischer Behandlung und bis auf Weiteres in Krankenstand, hatte Amélie Sandmann-Mauser am Tag nach der geplanten Anhörung den SN mitgeteilt. Sie belegte dies mit einem Kurzarztbrief von Wolfgang Aichhorn, Primar der Christian-Doppler-Klinik, der eine "akute Belastungsreaktion" diagnostizierte und feststellte: "Aufgrund des aktuellen psychopathischen Zustandes unseres Patienten (. . .) ist ein Krankenstand bis auf Weiteres dringend indiziert." Und Amélie Sandmann-Mauser versicherte: Sie sei "von der Unschuld meines Mannes nach wie vor fest überzeugt".
Wie berichtet, stand Siegfried Mauser im April und Mai in München vor Gericht, weil er als Leiter der Musikhochschule München - also vor seinem Antritt als Rektor in Salzburg - zwei Frauen sexuell genötigt haben soll. Der Anklage zufolge soll er im April 2009 eine Professorin und im Juli 2012 eine Gitarristin jeweils mehrmals mit Gewalt sexuell bedrängt haben. Mausers Verteidiger forderten, die Anklage abzuweisen, diese sei wie ein "Schulmädchenreport" geschrieben. Richter Matthias Braumandl jedoch erachtete nach ausführlichen Einvernahmen viele Vorwürfe als erwiesen und beendete das Verfahren mit einem Frei- und einem Schuldspruch. Dieser jedoch wird von Mauser angefochten, ist also nicht rechtskräftig.
Zehn Tage nach dem Urteil meldeten sich via "Süddeutsche Zeitung" einige Verteidiger Mausers mit Leserbriefen: Michael Krüger, einst Hanser-Verleger und nun Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, dessen Vorgänger Dieter Borchmeyer, der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger und andere exponierten sich für den Musiker, Komponisten und Rektor. Das Urteil sei "eine Blamage für die Justiz, eine Katastrophe für den Verurteilten", schrieb Michael Krüger. Und Hans Magnus Enzensberger erläuterte: "Damen, deren Avancen zurückgewiesen werden, gleichen tückischen Tellerminen. Ihre Rachsucht sollte man nie unterschätzen. Sie wissen sich der überforderten Justiz virtuos zu bedienen. (. . .) Herrn Mausers berufliche und private Reputation ist tadellos. In einem vergifteten und hysterischen Klima, wie es heute herrscht, sollten ihm alle, die ihn kennen, zur Seite stehen."
Übrigens: Auch die Salzburg Biennale hat vor einigen Tagen "im gegenseitigen Einvernehmen" den Vertrag mit ihrem Künstlerischen Leiter Siegfried Mauser aufgelöst, wie Biennale-Vorstand Peter Ruzicka den SN bestätigte.